Wie unterscheiden sich die Online-Bestellprozesse in Europa? Ich sprach mit Elske Ludewig, Senior UX-Consultant bei eResult, über die Studienergebnisse und die Auswirkungen auf deutsche Online-Händler, die expandieren wollen.
eResult hat in einer Studie Bestellprozesse europäischer Online-Shops miteinander verglichen. Ganz grundsätzlich: Gibt es tatsächlich signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen europäischen Ländern?
Elske Ludewig: Wir haben festgestellt, dass sich der Aufbau von Bestellprozessen generell recht in ähnlich ist. In allen untersuchten Ländern wird hauptsächlich ein schrittweiser Bestellprozess eingesetzt, bei dem die einzelnen Informationen auf mehreren Seiten verteilt abgefragt werden. Allerdings geht in Großbritannien mittlerweile ein leichter Trend in Richtung des einseitigen Modells – diese Variante trifft man hierzulande ja bisher recht selten an.
Größere Unterschiede gibt es dagegen hinsichtlich der angebotenen Inhalte und Services. So werden beispielsweise in Deutschland die längsten Formulare angeboten, im Durchschnitt 16 Felder. Im europäischen Ausland wird dem Nutzer eher weniger abverlangt, was man berücksichtigen sollte, wenn ein Formular übersetzt wird. Auch hinsichtlich der Zahlungsarten gibt es deutliche Unterschiede. Hierzulande hat der Kunde oft eine große Auswahl zwischen verschiedenen Zahlmethoden, was im Ausland nicht unbedingt Standard ist. Während die deutschen Kunden durchschnittlich zwischen 4,6 Zahlungsarten wählen können, sind es in Frankreich nur 3,5, in Großbritannien gar nur 1,7.
Viele deutsche Webseller verkaufen inzwischen auch an Kunden im europäischen Ausland. Macht es dabei immer Sinn, auf die die nationalen Eigenheiten in Bezug auf die beliebtesten Zahlungsweisen Rücksicht zu nehmen, oder genügen auch „global anerkannte“ Lösungen wie die Kreditkartenzahlung?
Elske Ludewig: In der Tat ist die Kreditkarte am weitesten verbreitet. Ausnahmslos alle 200 untersuchten Shops in Frankreich und Großbritannien bieten ihren Kunden diesen Service an. Ohne geht es hier also nicht. PayPal setzt sich allmählich auch in anderen Ländern durch, ist aber noch kein Standard. Nationale Eigenheiten gibt es vor allem in Frankreich mit der „Carte Bleue“, welche Teil des Debitkartenverbundes CB ist und einen sehr hohen Marktanteil in Frankreich hat. Französischen Kunden sollte es unbedingt ermöglicht werden, mit dieser Karte zu bezahlen. Es ist also wichtig, die nationalen Eigenheiten zu kennen.
Sie bieten den kompletten Studienband zum Download für 299 Euro zuzüglich Umsatzsteuer an. Wie können Händler von den Ergebnissen profitieren?
Elske Ludewig: Der Studienband „Europäische Bestellprozesse im Vergleich“ zeigt für jeden einzelnen Bestellschritt die Verbreitung von Benennungen, Elementen und Funktionen auf. Wir haben die jeweils 100 erfolgreichsten Online-Shops in den drei Ländern untersucht und können somit verlässliche Aussagen dazu treffen, welche Erwartungen die Nutzer an einen Bestellprozess haben. Kann ein ihnen bisher unbekannter Shop dann mit diesen erwarteten Funktionen und Services aufwarten, steigt das Vertrauen und die wahrgenommene Sicherheit. Abbrüche während des Bestellprozesses werden somit verhindert. Zudem enthält der Studienband zahlreiche Good Practices und Empfehlungen, welche Services im jeweiligen Land angeboten werden sollten. Händler sparen sich also die Recherche und das Durchlaufen von vielen erfolgreichen Shops bzw. Bestellprozessen und können in dem Studienband einfach und schnell nachlesen, wie verbreitet welche Darstellungsweise oder Funktion ist. Sie haben somit eine Entscheidungshilfe und erhalten zahlreiche Anregungen, die nicht zuletzt aus unserer langjährigen Erfahrung als User Experience-Agentur resultieren.
Vielen Dank für das Gespräch!