Nur 50 Prozent aller deutschen Ärzte haben momentan eine eigene Praxis-Website. Dabei bietet das Internet eine Fülle von Marketing-Möglichkeiten. Ich sprach mit Dr. Jörg Zimmermann von der Marketing-Agentur InfotainMed:
Welche Möglichkeiten bietet eigentlich das Internet für Ärzte in Bezug auf das Eigenmarketing? Schließlich dürfen Ärzte doch nur sehr begrenzt für sich werben.
Jörg Zimmermann: Tatsächlich gelten für Ärzte natürlich höhere Auflagen als beispielsweise für Gewerbetreibende. Wenn man sich im Internet präsentiert, gilt es, standesrechtliche Regeln zu beachten. Ein Beispiel: Sie dürfen als Arzt keine Werbung für angebotene
Kassenleistungen machen. Nichtsdestotrotz bietet das Internet für Ärzte eine Menge Möglichkeiten.
Wie sollte man seine Praxis auf der Webseite präsentieren? Gibt es Mindestanforderungen, die es zu erfüllen gilt?
Jörg Zimmermann: Das kommt immer darauf an, was ein Arzt für Ziele anstrebt, wie er sich im Internet präsentieren möchte. Eine Online-Visitenkarte, über die man seine Praxis und sein Team vorstellt, Sprechstundenzeiten und Kontaktmöglichkeiten angibt, empfinde ich in der heutigen Zeit als Selbstverständlichkeit. Jeder Arzt ohne Webseite würde mir zu denken geben. In welchem Umfang man darüber hinaus für sich wirbt, kommt dann aber auf den Arzt an.
Macht eine eigene Webseite für eine Praxis immer Sinn oder genügt auch ein Eintrag mit Telefonnummer in den Ärzteverzeichnissen?
Jörg Zimmermann: Momentan haben gerade einmal,50 Prozent aller deutschen Ärzte eine eigene Webseite. Es kommt immer darauf an, was ich mit meiner Onlinepräsenz erreichen will. Welches Ziel verfolge ich? Geht es beispielsweise um die Akquise von neuen Patienten oder um das Beziehungsmanagement zu bestehenden Patienten? In Deutschland haben wir 90 Prozent Kassenpatienten. Die Privatpatienten und Selbstzahler machen also nur 10 Prozent aus, sorgen aber für einen Umsatzanteil von 20 bis 25 Prozent. Wenn ich als Arzt diese Klientel anziehen möchte, muss ich ihnen Anreize bieten, in meine Praxis zu kommen.
Wie könnte das funktionieren?
Jörg Zimmermann: Letztlich geht es darum, wie man sich selbst positionieren will. Sie müssen als Arzt entscheiden, unter welchen Stichworten Sie im Web gefunden werden wollen. Dementsprechend gilt es dann, die Suchmaschinen zu füttern, indem man diese Begriffe auf seiner Webseite vermehrt verwendet. Nehmen wir das Beispiel „Orthopäde Berlin“. Möchten Sie bei einer solchen Suchanfrage prominent gelistet werden, genügt es nicht, in einer Online-Visitenkarte nur sein Team und die Anfahrt zur Praxis zu. beschreiben.
Stattdessen gilt es, sich als ausgewiesener Experte dieser Fachrichtung ausführlich vorzustellen.
Kann auch professionelles Suchmaschinen-Marketing Sinn machen?
Jörg Zimmermann: Natürlich kann man auch Google AdWords und andere Instrumente nutzen, um bei Suchanfragen von den Internetnutzern wahrgenommen zu werden. Aber auch hierbei gilt, vorab für sich zu klären, welche Ziele man mit seinem Auftritt verfolgt. Wer sich als Berliner Arzt beispielsweise mit seinen Dienstleistungen überwiegend an Patienten in seiner Stadt richtet, dem wird es wenig bringen, wenn Internetnutzer aus München nach einer Suchanfrage auf seine Praxis stoßen. Anders sieht es aus, wenn Sie sich als der Spezialist für Schulterchirurgie in Deutschland präsentieren möchten und dementsprechend bundesweit Ihr Zielpublikum sehen. Diese Fragen gilt es für ein professionelles SEM, aber auch SEO im Vorfeld zu klären und permanent zu überprüfen.
Welche Bedeutung haben Ihrer Meinung nach die Bewertungsportale für Ärzte?
Jörg Zimmermann: Noch haben sich diese nicht flächendeckend durchgesetzt. Für die meisten Patienten sind eher persönliche Empfehlungen wichtig als Bewertungen im Internet – vor allem für ältere. Trotzdem sollte man sich als Arzt unbedingt mit diesem Thema beschäftigen. Wo tauche ich auf, wie reagiere ich auf mögliche negative Bewertungen? Ich empfehle Ärzten immer, Experten damit zu beauftragen, das Netz regelmäßig nach Einträgen zu durchforsten. Kaum ein Arzt dürfte die Zeit haben, sich selbst darum zu kümmern. Ein professionelles Reputationsmanagement ist aber enorm wichtig!