Was hat die E-Mailadresse eines Kunden mit der Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls zu tun? Antworten auf diese und viele weitere Fragen zum Thema Risikomanagement beantwortet Julia Dieckmann, Leiterin der Mediafinanz, im Interview:
Ihre Studie zu Forderungsausfällen im E-Commerce hat unter anderem ergeben, dass man anhand der E-Mail-Adresse die Wahrscheinlichkeit ableiten kann, ob ein Kunde die Online-Shop-Rechnung bezahlt oder nicht? Wie lässt sich das erklären?
Julia Dieckmann: ln der 2012er-Studie haben wir 1,4 Millionen Forderungen untersucht, die vorwiegend aus Käufen und Bestellungen über das lnternet resultieren. Dabei haben wir – natürlich anonymisiert – auch die E-Mail-Provider der aus den lnkassofällen bekannten E-Mail-Adressen untersucht und die relative Erfolgsquote errechnet. Wir können also sagen, wie die E-Mail-Provider sich unter- und zueinander unterscheiden. Diese Betrachtung ist retrospektiv. Unterstellt man beim Aufkommen dieser Forderungen ursächlich vorsätzliche Handlungen, kann man die betrügerische Verwendung derjenigen E-Mail-Provider vermuten, die die am wenigsten ausgeprägten Sicherheits-bzw. Schutzmechanismen haben. Die Schutzmechanismen können bekanntermaßen bei den E-Mail-Provider recht unterschiedlich sein – das aber wurde nicht untersucht.
Mit welchen Mailadressen gelten Kunden als besonders zuverlässig? Und bei welchen ist das Risiko für den Shopbetreiber am höchsten?
Julia Dieckmann: Wir bewerten die „Seriosität“ von Kunden nicht anhand der E-Mail-Adresse, hierfür gibt es Bonitätsauskünfte, denen eine breite Datenbasis zugrunde liegt. Diese Auswertung betrachtet eine Stichprobe über einen längeren Zeitraum und stellt fest, wie sich die untersuchten Provider unterscheiden. Die Anforderungen der Provider an die Sicherheit der Mail-Benutzter können sich jederzeit ändern. Wir gehen aber grundsätzlich davon aus, dass für den User kostenpflichtige E-Mail-Angebote höhere Sicherheit für den Shopbetreiber bieten.
Wie können Shopbetreiber diese Erkenntnisse in Bezug auf das Risikomanagement nutzen?
Julia Dieckmann: Wir empfehlen jedem Shopbetreiber, mit seinen Kundendaten eine ähnliche Auswertung zu fahren. Mediafinanz bietet Beratung zur Optimierung an. Oft sind es schon die einfachsten Prüfungen, zum Beispiel der Plausibilität der Kundendaten, die Sicherheit bieten. Hätten die Shopbetreiber in unserer Untersuchung einfach nur geprüft, ob es bestimmte Postleitzahlen überhaupt gibt, hätten knapp 23.000 lnkassofälle, die mit nichtexistenten Postleitzahlen in Verbindung standen, vermieden werden können. Das einspricht einer kulminierten Forderungssumme von 2.229.607 Euro.
Welche Hilfestellungen können Unternehmen wie Mediafinanz Online-Shops ganz allgemein beim Thema Risikomanagement bieten?
Julia Dieckmann: Weil beim Verkaufen immer der Abschluss im Mittelpunkt steht, wird zu Beginn der Geschäftstätigkeit das Forderungsmanagement oft vernachlässigt. So können durch eine effektive Bonitätsprüfung finanzielle Risiken bereits während des Kaufprozesses erkannt und abgewendet werden, was zur Vermeidung von operativen Folgeaufwänden und zur Reduzierung von Ausfällen führt. Die Durchführung einer Bonitätsprüfung wird übrigens komplett automatisiert über eine Schnittstelle abgewickelt und verlangsamt den Kaufprozess in keiner Weise. Mediafinanz berät beim Risikomanagement.