Mit dem Einstieg in den Onlinehandel zögert der Discounter-Riese noch. Eine E-Commerce-Strategie setzt Aldi aber bereits erfolgreich um. Mit Content Marketing sollen neue Kunden angelockt werden.
Die Website von Aldi war lange Zeit alles andere als ein Aushängeschild für ein modernes Handelsunternehmen. So konnten sich die Kunden lediglich über aktuelle Aktionsprodukte informieren, die traditionell jeweils montags und donnerstags neu vorgestellt wurden. Helfen konnte die Website jedoch nur bei der Informationssuche nach Angeboten in der Zukunft. Wer an einem Montag nach der aktuellen Aktionsware geschaut hatte, bekam lediglich die Werbung für den nächsten Montag angezeigt.
Aldi wird zum großen Info-Portal
Diese geringfügige Usability-Schwäche hat die Discounter-Kette inzwischen behoben. Doch nicht nur das: Inzwischen scheint bei Aldi die Erkenntnis eingekehrt zu sein, dass man die eigene Website vielleicht doch nicht nur als virtuelles Prospekt nutzen könnte. Über die Startseite von Aldi gelangt man inzwischen zu unterschiedlichen Themenwelten wie beispielsweise „Grillen wie die Profis“, „Gartenratgeber“ oder „Kinder- und Babyparty“. Diese verschiedenen Themenwelten umfassen jeweils diverse Ratgeber und Info-Beiträge. Zum Beispiel: „Wie unterscheiden sich die verschiedenen Grillarten?“ oder „Wie reinige ich meinen Grill richtig?“. Passend dazu werden die Produkte, die Aldi hierfür anbietet, natürlich ausführlich vorgestellt.
Mit nützlichen Informationen Suchmaschinen-Anwender auf die eigene Website locken. Potenzielle Kunden schon dann abholen, wenn sie noch keine konkrete Kaufentscheidung getroffen haben: Genau das ist Content Marketing. Und darauf setzt jetzt offensichtlich auch Aldi. Allerdings gibt es gegenüber anderen Shops einen entscheidenden Unterschied. Kaufen kann man die Aldi-Produkte, die vorgestellt werden, nicht online, sondern nach wie vor nur in den Filialen. In der Expertensprache bedeutet das einen „Medienbruch“, der der Konvertierungsrate schadet. Praktisches Beispiel: Ich lese bei Aldi, dass Grillbürsten für die Reinigung sehr praktisch sind. Dass ich mich dann anschließend aufmache zu Aldi, weil dort möglicherweise gerade Grillbürsten günstig angeboten werden, ist wenig wahrscheinlich.
Content Marketing ja, Online-Shop sein
Warum also setzt Aldi auf Content Marketing, nicht aber auf einen eigenen Online-Shop? Profitieren kann Aldi von seinen neuen redaktionellen Inhalten auf alle Fälle. So werden sicherlich einige Nutzer bei ihrer Online-Recherche bei den Tipps und Tricks von Aldi landen und sich davon inspirieren lassen, mal wieder in der Filiale in der Nähe vorbeizuschauen. Trotzdem verschenkt der Discounter auf diesem Wege jede Menge potenziellen Online-Umsatz.
Dass Aldi sich mit dem Thema Online-Shop so schwer tut, liegt in einem strategischen Dilemma begründet. Aldi lebt von seinen günstigen Preisen für Lebensmittel. Deshalb kaufen die Leute bei Aldi. Nicht, weil die Läden so schön, die Beratung so gut und das Sortiment so riesig ist. Möglich werden die günstigen Preise durch die große Einkaufsmacht des Discounters, die Reduzierung interner Kosten auf ein Minimum und der Kalkulation mit einer relativ geringen Marge. Jetzt stellt sich die Frage: Wie soll dieses Aldi-Prinzip online funktionieren? Mit Preisaufschlägen bei jedem Produkt bei Online-Bestellungen? Mit einer Lieferpauschale? Aldi müsste seinen Kunden auf jeden Fall zusätzliches Geld abknöpfen, um mit einem Online-Shop wirtschaftlich arbeiten zu können. Der günstige Preis würde in jedem Fall als wichtigstes Aldi-Plus verloren gehen.
Online nur auf Aktionsware setzen?
Bleibt also für Aldi die Option, seine Aktionsprodukte online zum Kauf anzubieten. Das wäre problemlos denkbar – hat aber einen Haken. Die Aktionsprodukte dienen auch als Lockmittel, um Kunden in die Filialen zu bekommen, die dort dann auch noch zusätzliche Produkte in den Einkaufswagen legen. Dieser Vorteil würde online verloren gehen. Dieses Dilemma mit einer intelligenten Multichannel-Strategie zu lösen, wird die wichtigste Aufgabe von Aldi in naher Zukunft sein. Auf Content Marketing zu setzen, ist ohne Zweifel ein erster, interessanter Schritt. Wohin dieser Schritt jedoch den Weg von Aldi führen soll, ist momentan noch ungewiss!