Zalando tut es, Notebooksbilliger.de tut es und Sheego inzwischen auch. Immer mehr Online Pure Player erweitern ihr Vertriebsnetz und drängen in den lokalen Handel. Und das aus gutem Grund: Während kundenfreundlichen Multichannel-Händlern von vielen Experten eine glänzende Zukunft prophezeit wird, sehen viele reine Online-Händler schwierigen Zeiten entgegen. Es gilt also: Nicht nur der lokale Handel muss das Internet für sich entdecken, sondern auch die Online-Händler müssen sich bewegen – Richtung lokalem Handel.
Viele stationäre Händler beklagen, dass die Online-Konkurrenz ihnen schlichtweg die Luft zum Atmen nimmt. Weniger Kunden kommen in die Läden, und wenn jemand kommt, zückt er sein Smartphone und vergleicht die Preise mit denen der Online-Anbieter. Die Folge: Immer weniger Umsatz, immer mehr Leerstand, verödete Innenstädte.
Die Online-Händler hatten lange für diese Probleme kaum mehr als ein spöttisches Lächeln übrig. Häufig hörte man den Bemerkungen wie „natürliche Evolution im Handel“. Warum sollten sich Kunden in den Läden vor Ort mit einem geringen Produktangebot und hohen Preisen zufrieden geben und dafür auch noch einen Parkplatz suchen müssen, wenn unendlich viele Shops mit einem unbegrenzten Sortiment nur einen Mausklick entfernt sind – und sich der günstigste Preis mit einem weiteren Mausklick ermitteln lässt? Stationäre Händler müssten also endlich online gehen!
Offline Vergangenheit, online die Zukunft? Dass es so einfach doch nicht ist, mussten viele erfolgsverwöhnte Internet-Händler in den letzten Jahren merken. Die Kosten für die Neukundengewinnung steigen ständig, zudem sind die meisten Kunden sehr preissensitiv und illoyal. Das bedeutet: Viele Online-Händler müssen mit extrem niedrigen Margen zurechtkommen. Hinzu kommt, dass ein Großteil des Online-Umsatzes inzwischen über Amazon und eBay gemacht wird. Wer die Plattformen als zusätzliche Vertriebskanäle nutzen will, muss deshalb auch noch hohe Verkaufsprovisionen einpreisen.
Offline beats online
Nicht nur aus diesen Gründen kam Dennis J. Gerson, Chief Techologist bei IBM, auf dem vergangenen etailment-Kongress zu der These: „Offline beats online.“ Seine Einschätzung: Die Kunden würden Services wie Same-Day-Delivery und Location-Based-Services dem reinen Online-Kauf vorziehen. Tatsächlich jedoch scheint der Weg in eine noch etwas andere Richtung zu gehen. Kunden haben nämlich gerne die Wahl, wann und wie sie einkaufen. Ob sie ein Produkt abholen oder liefern lassen wollen. Retouren abholen lassen oder direkt im Geschäft abgeben. Nur Multichannel-Händler können ihren Kunden ein solch umfassendes Serviceangebot bieten. Demnach müsste es eigentlich heißen: „Online and offline“ beats online and offline!
Für die Online-Händler bedeutet das in Praxis: Präsenz zeigen mit lokalen Geschäften. Das Kölner Institut für Handelsforschung hat ermittelt, dass Online-Händler in Deutschland bereits 100 Läden eröffnet haben. In den kommenden fünf Jahren erwarten die Wissenschaftler einen Anstieg auf 2.000 Geschäfte. Der Trend ist also unverkennbar.
Ausflug in den direkten Kundenkontakt
Für viele Online-Händler ist solch ein Ausflug in den lokalen Handel völliges Neuland. Zum einen wegen der Ladendekoration mit Schaukästen für den Außenbereich und einer professionellen Präsentation der Waren im Geschäft. Zum anderen aber auch aufgrund des direkten, persönlichen Kundenkontakts. Persönliche Beratung statt Produktbeschreibungen im Online-Shop. Wirklich erfolgversprechend wird die Eröffnung des Ladengeschäfts aber erst, wenn es mit dem Online-Shop vernetzt wird. Und das wiederum erfordert in der Regel massive Investitionen in die IT-Infrastruktur. Hier haben es stationäre Händler, die bereits auf eine elektronische Warenwirtschaft setzen und „nur“ einen Online-Shop integrieren müssen, leichter. Für beide Seiten jedoch gilt: Sie müssen sich bewegen, um für die Zukunft gerüstet zu sein!
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