Wer als lokaler Einzelhändler das Internet als zusätzliches Absatz-Channel aktivieren will, braucht dafür nicht zwangsläufig einen eigenen Online Shop. Wir stellen Ihnen alternative Online-Vertriebsmöglichkeiten vor und zeigen Ihnen, welche Vor- und Nachteile der Verzicht auf einen eigenen Online Shop mitbringt.
Erfinde dich neu, oder stirb! Diese plakative Aussage stammt aus einer Studie des Beratungsunternehmens ECC Köln, in dem die Zukunftsfähigkeit des lokalen Handels in Deutschland unter die Lupe genommen wurde. Das Fazit der Wissenschaftler: Nur wer die Anforderungen der Kunden an die Verknüpfung von Ladengeschäft und E-Commerce erfülle, habe gute Chance zu überleben.
Doch obwohl vielen stationären Händlern die wachsende Bedeutung des E-Commerce bewusst ist, haben nach einer Umfrage des HDE aus dem Sommer 2013 60 Prozent keine aktuellen Pläne, im E-Commerce tätig zu werden. Grund dafür ist die Furcht vor hohen Startinvestitionen, einem großen Planungsaufwand und ungewissen Erfolgsaussichten. Tatsächlich aber können Sie das Internet auch ohne Investitionen und finanzielles Risiko als zusätzlichen Vertriebskanal testen. Um online verkaufen Sie können, brauchen Sie nämlich nicht zwangsläufig einen eigenen Web-Shop.
40 Millionen potenzielle Kunden pro Monat
Online-Marktplätze bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihr Sortiment auch ohne eigenen Web-Shop zum Kauf anzubieten. Die bekanntesten Marktplätze sind Amazon und eBay. Bei beiden Anbietern können Sie sich als gewerblicher Händler registrieren, und anschließend sofort mit dem Verkauf von Waren starten. Von dieser Möglichkeit machen sehr viele Händler Gebrauch. Alleine eBay Deutschland zählt über 175.000 registrierte gewerbliche Verkäufer. Amazon macht zu der Anzahl seiner „Marketplace“-Verkäufer traditionell keine Angaben. Dass die Marktplätze bei Verkäufern so beliebt sind, hat einen einfachen Grund. Die Reichweite der deutschen Websites von Amazon (monatlich 22,5 Mio. Besucher) und eBay (18,5 Mio.) sind gigantisch. Sie erreichen somit über diese Marktplätze eine große Zahl potenzieller Käufer.
Mit geringen Investitionen starten
Amazon und eBay sowie auch die kleineren Marktplätze sind für stationäre Händler perfekt geeignet, um erste Gehversuche im E-Commerce zu unternehmen. Die Investitionskosten sind sehr gering. So zahlen Sie bei eBay monatlich im kleinsten Paket 19,99 Euro. Dazu kommen Angebotsgebühren (ab 0,02 Euro) und eine Verkaufsprovision. Diese liegt bei 9 Prozent. Bei einigen Produktkategorien gelten gesonderte Regeln. Amazon bietet sogar ein Modell ohne monatliche Fixkosten an. Sie zahlen lediglich eine Verkaufsprovision. Diese beträgt 0,99 Euro fix plus einer variablen Provision, die zwischen 7 (Elektronik) und 35 Prozent (Kindle-Zubehör) liegt.
Die Fixkosten sind bei den beiden Marktplätzen also gering. Trotzdem gilt es bei den Verkaufspreisen, die Sie festsetzen, genauestens zu kalkulieren. Schließlich muss die Marge die anfallende Verkaufsprovision auch hergeben. Gleichzeitig ist die Anzahl der Mitbewerber auf den Marktplätzen jedoch riesig. Wer kein sehr spezielles Sortiment anbietet, befindet sich in einem knallharten Preiswettbewerb, bei dem nur die günstigsten Anbieter Chancen auf Verkäufe haben. Das gilt insbesondere für Amazon, bei dem das günstigste Angebot bei Produkten, die mehrere Händler vorrätig haben, in die „Buy Box“ kommt.
Trotz Gebühren und großer Konkurrenz verkaufen auch viele große Online-Händler zusätzlich über Amazon, da kaum einer auf die große Reichweite verzichten will. Ist es da nicht eine Option für stationäre Händler, dauerhaft auf einen eigenen Online Shop zu verzichten und nur über die Marktplätze zu verkaufen? Diese Lösung hätte für Sie einen entscheidenden Nachteil: Sie würden das Internet nicht nutzen können, um Kunden in Ihr Ladenlokal zu locken – hier wären die Möglichkeiten bei einem eigenen Online Shop deutlich besser. Das Problem bei den Marktplätzen ist: Die Kunden nehmen den Verkäufer kaum wahr. Sie kaufen bei eBay oder bei Amazon, nicht bei Ihnen. Deshalb ist es schwer, über die Marktplätze Stammkunden an sich zu binden – und noch schwerer, das Interesse der Kunden für das eigene Geschäft zu wecken.
Die Welt neben Amazon und eBay
Neben den großen Marktplätzen Amazon und eBay können Sie in Deutschland auch über Allyouneed, Yatego, Hitmeister und Rakuten ohne eigenen Web-Shop verkaufen. Die Reichweite dieser Marktplätze ist zwar deutlich geringer, doch das gilt auch für die Zahl der Mitbewerber. Ob es sich lohnt, sich bei diesen Portalen anzumelden, lässt sich pauschal nicht beantworten. Während einige Händler über mangelnde Kunden klagen, freuen sich andere über gute Verkaufszahlen.
Die Marktplätze bieten für lokale Händler eine gute Möglichkeit, um erste Gehversuche im Internet zu unternehmen und zusätzliche Abverkäufe zu generieren. Wer jedoch alle Vorzüge des Multi-Channel-Handels nutzen will, sollte sich einen eigenen Online Shop als Ziel setzen. Den Online Shop als virtuelle Verlängerung der Ladentheke nutzen, bestellte Waren im Ladenlokal abholen, dort Retouren abgeben, im Online Shop die Verfügbarkeit von Waren vor Ort prüfen. Diese Symbiosen sind nur mit einem eigenständigen Online Shop möglich. Eine Abkehr von den Marktplätzen muss das jedoch nicht bedeuten. Diese lassen sich auch mit einem eigenen Shop noch für die Erhöhung der Reichweite und des Umsatzes weiternutzen.