Das Beschwerdemanagement fristet bei vielen Online-Shops immer noch ein stiefmütterliches Dasein. Dabei sind zu viele negative Kundenbewertungen die Sargnägel für einen Shop. Eine Studie zeigt, wie der perfekte Umgang mit Kunden-Feedback aussieht.
Günther Wohlmeyer ist stinksauer. Geschlagene vier Wochen ist es nun her, dass er im Internet seinen neuen Flachbildfernseher bestellt hat. Geliefert wurde dieser aber bis heute nicht, obwohl der Münchener bereits am Tag der Bestellung per Vorkasse bezahlt hat.
Nachdem er die Preise seines Elektronikhändlers mit denen der Versandhändler verglichen hatte, war die Freude zunächst groß. Statt der im Laden veranschlagten 1.199 Euro kostete das Markengerät im Web gerade einmal 943 Euro – inklusive Versandkosten. „Ich war zunächst etwas skeptisch, da ich den Namen des Shops zuvor noch nie gehört hatte. Aber als ich dann die Prüfsiegel gesehen und das positive Feedback vieler Kunden gelesen hatte, habe ich mich dazu durchgerungen, zu bestellen.“
Auf den günstigen Onlineshop war der Frühpensionär über eine Preisvergleichsseite aufmerksam geworden. „Angegeben war, dass der Fernseher nach zirka einer Woche geliefert werden sollte, aber das einzige, was kam, waren automatisierte Mails mit immer neuen Vertröstungen und Versandankündigungen“, ärgert sich der Käufer.
In den nächsten Tagen soll der ersehnte Fernseher nun doch eintrudeln, die Versandbestätigung mit der Sendungsverfolgungsnummer hat der Händler bereits verschickt. Ende gut, alles gut? Nicht ganz! „In dem Shop werde ich garantiert nie wieder etwas bestellen! Die können sich auch schon auf eine gesalzene Bewertung auf der Preisvergleichsseite gefasst machen“, kündigt der ehemalige Verkaufsleiter eines mittelständischen Autozulieferers an. Da ändert auch ein 10-Euro-Gutschein wenig, den Wohlmeyer als Entschuldigung per Mail automatisiert zugeschickt bekommen hat.
Fälle wie dieser von Günther Wohlmeyer passieren im deutschen Versandhandel Tag für Tag. Bei den unzähligen Transaktionen, die über Onlineshops, eBay, Amazon Marketplace und Co. abgewickelt werden, machen diese Problemfälle zwar nur einen sehr geringen Prozentsatz aus, doch gerade diese Vorkommnisse sind diejenigen, die bei den Kunden hängen bleiben.
Die verärgerten Käufer machen ihrem Unmut in Foren und über Bewertungsfunktionen Luft, während die vielen Kunden, bei denen alles glatt gelaufen ist, oftmals kein Feedback abgeben. So erhalten potenzielle Neukunden, die sich über den Onlineshop informieren, ein viel zu negatives Bild – ein Bild, das im schlimmsten Fall potenzielle Neukunden von einem Kauf abhalten können.
Kaum persönlicher Kontakt
Für den lnternetversandhandel sind positive Kundenbewertungen existenziell wichtig, während negative Bewertungen dem Geschäft immens schaden können. Anders als im klassischen Einzelhandel kommt es im E-Commerce nur in den seltensten Fällen zu einem persönlichen Kontakt. Der Kunde bekommt das Shopfrontend zu sehen, bestellt, bekommt eine Bestätigung, eine Rechnung und schließlich die Ware. Mehr Kommunikation findet in der Regel nicht statt.
Auf diesem Weg entsteht natürlich nur schwerlich eine belastbare Kundenbindung. Umso wichtiger ist, in Fällen wie dem von Günther Wohlmeyer Probleme unbedingt zur Zufriedenheit des Kunden zu klären. Einerseits natürlich, um ihn als Kunden zu behalten, andererseits aber vor allem, um negatives, öffentlich einsehbares Feedback möglichst zu vermeiden.
In unserem Beispielfall hat sich der Shopbetreiber mit einem Entschuldigungsgutschein an den Kunden gewandt, damit aber eher noch dessen Ärger verstärkt. Wer vier Wochen auf seine Ware wartet, wird nicht unbedingt scharf darauf sein, direkt wieder bei dem gleichen Anbieter zu bestellen – 10-Euro-Gutschein hin oder her.
„Mich hat vor allem geärgert, dass sich niemand persönlich bei mir entschuldigt hat und mir erklärt hat, warum es zu dieser Verzögerung gekommen ist. Dann hätte man sicherlich eine einvernehmliche Lösung finden können“, erläutert Günther Wohlmeyer.
Im konkreten Fall konnte der Shop tatsächlich kaum etwas für die Verzögerung. Der Hersteller hatte bei dem gefragten Modell mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen – ein Problem, das vielen Versandhändlern Ärger mit ihren Kunden eingebrockt hat.
Aktives Beschwerdemanagement
Doch wie verhält man sich in solchen Fällen, wenn man einen zugesagten Liefertermin nicht einhalten kann? Und wie, wenn das „Kind schon in den Brunnen gefallen ist“ und ein Kunde ein negatives Feedback zu einer Transaktion hinterlassen hat?
Trusted-Shops-Experte Olaf Groß beschreibt das Dilemma vieler Händler: „Aktives Beschwerdemanagement kostet Shop-Betreiber viel Geld und Zeit. Daher erhofft sich so mancher Händler, seine unzufriedenen Kunden durch kleine Geldgeschenke in Form von Gutscheinen ruhigstellen zu können.“
Vor allem für eBay-Verkäufer sind negative Käuferbewertungen fatal, denn je höher deren Anzahl, desto größer auch die Wahrscheinlichkeit, dass potenzielle Neukunden von einem Kauf Abstand nehmen. Es gilt also: Vermeiden Sie unbedingt negatives Feedback! Mit automatisierten 5- oder 10-Euro-Gutscheinen werden Sie bei verärgerten Kunden meist keinen Erfolg haben.
„Wirtschaftswissenschaftler der Universitäten in Bonn und Nottingham haben in einer Untersuchung herausgefunden: Wer einen Verbraucher zur Rücknahme einer negativen Bewertung motivieren möchte, müsste dafür rund 40 Euro investieren“, erklärt Olaf Groß. In der Studie fand man heraus, dass lediglich 20 Prozent der Kunden ihre negative Bewertung zurücknehmen würden, wenn sie einen Gutschein über 2,50 Euro erhielten. 23 Prozent der Käufer würden für 5 Euro den Mantel des Schweigens über die erlebten Probleme legen.
Entschuldigungen helfen
Seine Kunden mit hohen Gutscheinsummen so reichlich zu beschenken und sich sozusagen von Problemen freizukaufen, dürfte für die meisten Online-Händler weder wünschenswert noch überhaupt dauerhaft finanziell möglich sein. Hier muss also dringend eine andere Lösung her. Eine, die zwar nicht unmittelbar Geld kostet, dafür aber viel Zeit und Aufwand in Anspruch nimmt: eine persönliche Entschuldigung!
Und das ist das wirklich Erstaunliche an den Ergebnissen der Studie. Ein Großteil der verprellten Käufer legt gar keinen großen Wert auf eine Entschädigung, ihnen geht es vor allem darum, dass man ihnen die entstandenen Probleme persönlich erklärt und sich dafür entschuldigt. Olaf Groß erklärt: „Die Wissenschaftler haben auf eBay untersucht, wann Kunden, die einen Händler negativ bewertet haben, bereit sind, ihre Bewertung zurückzunehmen. Rund 45 Prozent der Kunden waren dazu bereit, wenn sich der Händler bei ihnen für den Fehler entschuldigte.“ Entschuldigen statt beschenken ist also das Motto.
Persönliche Klärung
Webseller sollten ihr Beschwerdemanagement unbedingt auf den Prüfstand stellen. Wie gehen Sie mit Kundenbeschwerden um? Reagieren Sie überhaupt darauf? Wenn ja, dann auch wirklich persönlich oder mit automatisierten Mails?
Wer sich in diesem Bereich kundenfreundlich präsentiert und sich sichtbar mehr Mühe gibt als die Mitbewerber, kann aus einem vermeintlichen Problemfall noch einen zufriedenen und treuen Kunden machen – der dann auch seine Erfahrungen mit hoher Wahrscheinlichkeit weitergibt.
Es lohnt sich also, sich die Zeit für persönliche Klärungen zu nehmen. Übrigens sollten Sie unbedingt grundsätzlich auf negatives Feedback auf Preisvergleichsportalen und natürlich eBay und Co. reagieren.
- Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten,
- erklären Sie wenn möglich das Problem,
- versprechen Sie offensiv Verbesserungen, statt sich defensiv zu rechtfertigen.
- Werden Sie niemals patzig, ignorant oder hochmütig – auch dann nicht, wenn Sie sich im Recht wähnen.
Wenn Sie negatives Feedback als Anlass nehmen, um den Kunden persönlich anzugreifen, potenziert sich der Schaden des Feedbacks sogar noch! Das sollten Sie in jedem Fall vermeiden und falls nötig den Ärger herunterschlucken.