Infotainment statt funktionalem Shopping. Holen Sie die Kunden zu sich, bevor Sie eine Kaufentscheidung getroffen haben. Werden Sie unabhängig von Produktkeyword-Rankings und Preisvergleichen. All das verspricht der neue Shopping-Trend Content Commerce. Wir nehmen ihn unter die Lupe.
Der Content, also der Inhalt, ist bei Online Shops in der Regel sehr überschaubar. Er beschränkt sich auf Produkt- und Kategoriebeschreibungen sowie eventuell noch einen „Wir-über-uns-Bereich“. Das war’s. Auch in Bezug auf das Layout gehen die meisten Shops keine großen Experimente ein. Produkte werden im Raster-Look neben- und untereinander präsentiert. Navigiert wird per Produktsuche, Kategorie-Links oder Filter.
Online Shops, die auf Content Commerce setzen, sind hingegen völlig anders aufgebaut. Hier soll der Kunde das Shoppen auf der Seite nicht nur als rein funktionale Tätigkeit erleben, sondern dabei auch noch informiert, unterhalten und inspiriert werden.
Content Commerce in der Praxis
Ein Beispiel macht das Konzept, das hinter Content Commerce, anschaulich. Der Online Shop www.tambini.de aus dem Hause Gruner & Jahr bietet seinen Kunden ein großes Sortiment rund um das Thema Kindergeburtstag. So können Eltern hier Party- und Deko-Artikel, Einladungskarten und vieles mehr für diverse Motto-Party-Ideen ordern – entweder als Einzelstücke oder als Rundum-glücklich-Komplettpaket. So müssen sich die Kunden zueinander passende Artikel nicht mühsam zusammensuchen.
Mit seinem Sortiment schafft Tambini jedoch noch kein Alleinstellungsmerkmal. Dafür sorgt der redaktionelle Inhalt. Wer die Website aufruft, hat nicht das Gefühl, in einem Online Shop gelandet zu sein, sondern auf einem Info-Portal. Hier finden sich jede Menge Motto-, Spiele-, Deko- und Rezept-Ideen rund um die Organisation von Kindergeburtstagen. Zu den jeweiligen Beiträgen finden die Kunden die entsprechenden Produkte dann direkt zur Auswahl in den Warenkorb.
Mit diesem Konzept schafft es Tambini, dass Besucher die Website aufrufen, die noch keine konkrete Kaufabsicht haben. Stattdessen wollen sie sich Anregungen holen, schauen, wie man die Party für die Kinder organisieren könnte und welche Produkte die Feier zu einer tollen Motto-Party werden lassen könnten. Der Weg, die entsprechenden Artikel bei Tambini direkt in den Warenkorb zu legen, ist dann nicht mehr weit.
Zusammengefasst profitiert ein Content-Commerce-Shop von den folgenden Vorteilen:
- Durch die vielen redaktionellen Beiträge steigt die Sichtbarkeit bei Google. Das sorgt für zusätzlichen Traffic von der Suchmaschine.
- Die Kunden werden schon vor der Kaufentscheidung abgeholt. So wird der Shop unabhängiger von teuren Google-AdWords-Kampagnen und Preisvergleichsseiten. Tambini verstärkt diesen Effekt noch, indem Produkt-Bundles geschnürt werden, für die sich die Preise nur mit großem Aufwand vergleichen lassen.
- Die Kunden werden durch das große inhaltliche Angebot lange auf der Website gehalten. Das nutzt nicht nur dem Google-Ranking, sondern bindet auch die Kunden. Die Kunden merken sich die Website als wertvolle Informationsquelle und empfehlen sie weiter.
- Ein Content-Commerce-Shop entzieht sich der Vergleichbarkeit mit anderen, ausschließlich funktionalen Online Shops. Das stärkt die Markenbildung.
So kann Content Commerce funktionieren
Damit Content Commerce in der Praxis funktioniert, müssen die Inhalte mehrere Anforderungen erfüllen:
Sie müssen ausführlich und hochwertig sein. Außerdem ist ein ansprechendes Layout mit professionellen Bildern wichtig, um die Kunden zu emotionalisieren.
Bei der Frage, welche Themen in den Texten behandelt werden sollen, gilt es sich zu fragen, was potenzielle Kunden interessieren könnte. So wird nach und nach eine große Themenwelt rund um das eigene Sortiment aufgebaut, die dafür sorgt, dass die Kunden an vielen unterschiedlichen Punkten abgeholt werden. Bei den Texten wiederum ist es wichtig, dass sie auf die Produkte im Shop zugeschnitten werden. Ein Partymotto „Cowboys“ mit Spielideen vorzustellen, macht wenig Sinn, wenn man die entsprechenden Produkte nicht im Sortiment führt.
Digitale Magazine sollen Kunden anlocken
Neben Shops wie Tambini, die vollständig auf Content Commerce setzen, findet man im Online-Handel inzwischen immer mehr Anbieter, die zusätzliche Content-Elemente in ihren Shops einbauen. Ein Beispiel hierfür ist der Modeshop Conleys, der sich durch seine aufwändig gestalteten Produktkataloge einen Namen gemacht hat. Die Kataloge bieten nicht nur Produktabbildungen und –informationen, sondern auch redaktionelle Inhalte – wie bei einem gewöhnlichen Mode- und Lifestyle-Magazin.
Diese Exklusivität konnte Conleys lange nicht in seinen Online Shop portieren. Inzwischen können die Kunden aber auch über das Internet in den Online-Katalogen blättern und Produkte, für die sie sich interessieren, direkt aus dem Katalog in den Warenkorb legen.
Ein digitales Magazin bietet seit kurzem auch der Möbel-Shop www.home24.de* an. Auch hier ist das Ziel, die Kunden mit den neuen Inhalten zu emotionalisieren und zu inspirieren. Im Magazin werden aktuelle Deko- und Einrichtungs-Trends vorgestellt, Tipps zu unterschiedlichen Einrichtungs-Stilen gegeben sowie ein Blick in das Zuhause von Prominenten und Innendesignern geworfen. Sämtliche Produkte, die im Magazin gezeigt werden, können die Kunden per Klick in den Warenkorb legen. Wer will, kann sich so also eine komplette Einrichtung, wie sie im Magazin gezeigt wird, nachkaufen!
Content Commerce und Storytelling
In der Praxis liegen die Shopping-Trends Content Commerce und Storytelling häufig eng beieinander. Beim Storytelling versucht der Händler mit dem Shop oder den gezeigten Produkten eine Geschichte aufzubauen, die den Kunden dazu verleiten soll, die Produkte unbedingt haben zu wollen. Beim Beispiel von home24 liegt die Story auf der Hand: sich ganz bequem mit wenigen Klick ein komplettes Zimmer geschmackvoll einrichten – als hätte man selbst einen Innendesigner beauftragt. Kein Mühsames Suchen nach Einzelstücken mit der Unsicherheit, ob die ausgewählten Möbel tatsächlich zusammenpassen.
Ebenfalls auf die Kombination von Content Commerce und Storytelling setzt der Online Shop www.starify.de. Die Website präsentiert sich den Besuchern als Online-Lifestyle-Magazin, das täglich Neuigkeiten zu Stars und Sternchen präsentiert. Dabei geht es jedoch weniger um Klatsch und Tratsch, als vielmehr darum, was bei den Prominenten aktuell in Sachen Mode angesagt ist. So finden die Website-Besucher jede Menge Fotos mit den aktuellen Looks der Stars. In redaktionellen Texten wird der Stil erklärt und aufgezeigt, von welchen Marken die Kleidungsstücke stammen.
Doch das Wichtigste: Die Kunden können das komplette Outfits der Stars nachkaufen! Jeans, Tops, Kleider, Sonnenbrillen, Halstücher: All das können die Nutzer direkt in den Einkaufswagen legen – beziehungsweise sich zur Produktseite des Hersteller-Shops führen lassen. Was den Betreibern von Starify im Falle eines Kaufs eine Provision einbringen dürfte. Auch Starify nutzt Content Commerce also, um potenzielle Kunden schon vor einer Kaufentscheidung auf die Website zu locken und sie zum Shoppen zu Animieren.