Unternehmer können ein Lied davon singen: Um einen PC-Arbeitsplatz vollständig auszustatten, fallen schnell mehrere tausend Euro an. Neben der Hardware bedarf es eines Betriebssystems, eines Office-Paktes, Bürosoftware und vielem mehr. Wir zeigen Ihnen, wie Sie hier bis zu 50 Prozent sparen können.
Stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Ihr in die Jahre gekommener Audi soll einem neuen Auto weichen. Also inserieren Sie Ihren Wagen im Internet oder in einer Tageszeitung. Wenig später meldet sich der erste Interessent. Sie werden sich über den Preis einig und setzen den Kaufvertrag auf.
Bevor Sie jedoch unterschreiben können, klingelt es an Ihrer Tür und ein freundlicher Audi-Vertreter sagt höflich, aber bestimmt: „Sie dürfen Ihr Auto nicht einfach weiterverkaufen. Dafür bräuchten Sie unsere Genehmigung, und die können wir Ihnen leider nicht geben!“
Um Sie wieder etwas milder zu stimmen, hält er für Sie dann noch folgendes Angebot bereit: „Wenn Sie sich eh ein neues Auto kaufen wollen, dann entscheiden Sie sich doch wieder für einen Audi. Dann können wir natürlich den Wert Ihres alten anrechnen. Sie können Ihr altes in dem Fall sogar behalten und in die Garage stellen oder verschrotten – nur weiterverkaufen dürfen Sie es nicht.“
Bei einer solchen Situation würde man vermutlich nach den versteckten Kameras suchen, die irgendwo platziert sein müssten. Denn selbstverständlich würden weder Audi, noch irgendein anderer Autohersteller auf die Idee kommen, ihren Kunden den Weiterverkauf von Gebrauchtwagen verbieten. Diese Geschichte ist also völlig unvorstellbar? Beim Automarkt schon – ebenso wie beim Handel mit fast allen anderen Produkten. In der Softwarebranche jedoch trifft sie ziemlich genau die Realität.
Viele Softwarehersteller verweisen nämlich in ihren Nutzungsbedingungen darauf, dass der Weiterverkauf ohne Zustimmung des Unternehmens unzulässig sei. Das heißt also: Wenn Sie das Programm X kaufen, gehört Ihnen die Software nicht; Sie dürfen Sie lediglich nutzen.
Gebrauchte Software ist 50 Prozent billiger
Ungeachtet dieser restriktiven Nutzungsbedingungen, die von einigen, jedoch bei weitem nicht allen Softwareherstellern verbreitet werden, entwickelt sich in Deutschland nach und nach ein immer größer werdender Markt für gebrauchte Software.
Der bekannteste Anbieter in diesem Segment ist UsedSoft (www.usedsoft.com). Das Konzept von UsedSoft ist simpel. Das Unternehmen kauft Software von Privatpersonen und Unternehmen auf und verkauft sie anschließend mit einem Aufschlag an Interessenten weiter.
Bei dem Geschäftsmodell gewinnen alle Parteien – bis auf einen: den Softwarehersteller. Denn jedes Programm, das über den alternativen Vertriebsweg seinen Besitzer wechselt, wird vom Hersteller weniger verkauft.
Vorteil: Kein Wertverlust
Gebrauchte Software ist, im Gegensatz zu Gebrauchtfahrzeugen absolut wertstabil, bis der offizielle Verkaufspreis gesenkt, oder eine neue Version veröffentlicht wird. Software nutzt sich nicht ab, muss nicht gewartet werden und wird nicht altersschwach.
Kein Wunder also, dass die Softwarehersteller den Zweitmarkt mit wenig Wohlwollen betrachten.
Microsofts verlorener Kampf
Beim Kampf der Hersteller gegen die Weiterverkäufer werden schwere Geschütze aufgefahren. An vorderster Front agiert dabei Microsoft. Als Hauptgegner wurde UsedSoft auserkoren. Im Herbst 2006 strengte der Konzern ein Strafverfahren gegen den Lizenzhändler an. Der Vorwurf lautete: Softwarepiraterie und Verbreitung von Raubkopien.
Das Verfahren wurde jedoch eingestellt, auch eine spätere Beschwerde von Microsoft beim Generalstaatsanwalt änderte daran nichts. UsedSoft-Geschäftsführer Peter Schneider jubelte damals: „Nun ist die Ankündigung von Microsoft, gegen die Käufer von Gebraucht-Software strafrechtlich vorzugehen, eindeutig als bloße Einschüchterungstaktik entlarvt. Der Verkauf und Kauf von bereits verwendeter Software ist absolut legal. Die Käufer von Gebraucht-Software sind auf der sicheren Seite und haben nichts zu befürchten.“
Ungenutztes Tafelsilber
Hintergrund des Rechtsstreits sind die so genannten Volumenlizenzen von Microsoft. Unternehmen können beim Softwareriesen komplette Lizenzpakete von Windows, Office oder anderen Anwendungen kaufen. Bei solchen Großabnahmen werden den Käufern natürlich Rabatte eingeräumt.
Allerdings wird in den Nutzungsbedingungen darauf hingewiesen, dass ein Weiterverkauf von Einzellizenzen nicht zulässig sei. In den meisten Unternehmen werden die Lizenzen jedoch nicht nach dem tatsächlichen Bedarf gekauft, sondern mit einem gewissen Puffer – etwa, falls neue Mitarbeiter eingestellt werden. Deshalb schlummern in Deutschland zigtausende ungenutzte Lizenzen in den IT-Abteilungen der Firmen.
Harald Zander, Experte bei softstage.de erläuterte vor einigen Jahren: „Erst zögerlich befassen sich IT-Verantwortliche und Entscheider in Unternehmen mit diesem Thema. Die Tatsache, dass sowohl mit dem Verkauf als auch mit dem Ankauf von Gebrauchtsoftware die Liquidität erhöht, bzw. das Budget eines Unternehmens geschont wird, dringt langsam, aber stetig zu den Entscheidern durch.“
Viele Kunden ließen sich von den AGB nicht abschrecken und verkauften überflüssige Lizenzen weiter. Microsoft argumentiert nun, dass der spätere Käufer der vermeintlich nicht genutzten Lizenz nicht sicher sein könne, ob beispielsweise Windows auf dem PC des Erstkäufers tatsächlich deinstalliert wurde.
So laufe er Gefahr, eine Raubkopie einzusetzen. In der Praxis wurde jedoch noch nie ein Kunde von UsedSoft oder einem der Mitbewerber belangt. Nach der erfolglosen Anzeige unternahm Microsoft bislang keine weiteren Rechts-Schritte.
Worauf Sie beim Kauf von Gebrauchtsoftware achten müssen
Der Kauf von gebrauchter Software ist grundsätzlich zulässig. Allerdings sollten Sie beim Kauf einige Dinge beachten, um eventuelle Schwierigkeiten schon im Vorfeld auszuschließen:
- Beachten Sie, dass die Voraussetzungen für eine Übertragung der Lizenzrechte bei Software von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich sein können. Im Zweifelsfall wenden Sie sich an den Hersteller und fordern die genauen Lizenztexte an, um nachzulesen, ob Sie auch tatsächlich Rechteinhaber werden. Gerade bei Spezial-Software kann so auch geklärt werden, was alles zum Lieferumfang gehört.
- Um abgesichert zu sein, erwerben Sie nur Software, wenn Sie sie auf einem dazugehörigen Datenträger mit ausgeliefert bekommen. Um eventuelle Probleme abzuwenden, sollten Sie keine Lizenzen aus Volumenverträgen kaufen, wenn die Software vom Hersteller nicht zum Download angeboten wird.
- Erkundigen Sie sich beim Verkäufer, ob er die Software komplett liefert. Fragen Sie insbesondere nach dem Originaldatenträger, der schriftlichen Lizenzvereinbarung, dem Product-Key, allen Handbüchern, Dongle und Freischaltcodes.
- Angefertigte Sicherheitskopien sind ebenfalls mitzuliefern oder zu vernichten.
- Vereinbaren Sie schriftlich, dass der Verkäufer die Software von seinem PC, beziehungsweise seinen PCs zu löschen hat und alle zur Software gehörigen Bestandteile an Sie ausgeliefert hat.
- Behalten Sie nach dem Kauf unbedingt die Original-Lizenz-Dokumente. Nur diese werden bei Überprüfungen anerkannt. Kopien oder Scans werden nicht akzeptiert.
Schlappe für UsedSoft
Allerdings musste UsedSoft schon eine Schlappe gegen den Softwareproduzenten Oracle hinnehmen. UsedSoft hatte für gebrauchte Oracle-Lizenzen geworben, dabei jedoch nur die Nutzungsrechte angeboten und die potenziellen Interessenten aufgefordert, sich die notwendigen Programme von der Website Oracles herunter zu laden.
Dagegen war der Softwarekonzern vorgegangen und hatte im Jahr 2007 sowohl vor dem Landes- wie auch vor dem Oberlandesgericht in München Recht bekommen. Die Richter kamen zu der Einschätzung, dass das Vervielfältigungsrecht allein Oracle zustünde.
Während mit dem Verkauf eines Produkts das weitere Verbreitungsrecht auf Basis des Erschöpfungsgrundsatzes an den Käufer übergehe, bleibe das Recht zur Vervielfältigung beim Inhaber der Urheberrechte.
Sprich: Würde eine CD mit verkauft, wäre eine solche Transaktion nicht zu beanstanden. UsedSoft-Chef Schneider reagierte daraufhin mit einem Aufruf an alle Software-Nutzer Deutschlands: „Man kann nur allen Unternehmen raten, beim Software-Kauf immer auf einer CD zu bestehen, um sich das Eigentum an der Software zu sichern, für die sie bezahlt haben.“
Entscheidung ist gefallen
Erst seit 2013 besteht endgültig Rechtssicherheit, dass der Weiterverkauf von Volumenlizenzen nicht zu beanstanden ist und der Käufer einen Anspruch hat, die Software falls nötig beim Hersteller herunterzuladen. Ein entsprechendes Urteil fällte der BGH am 17. Juli 2013 (I ZR 129/08).
Mit dem Kauf gebrauchter Software lassen sich Anschaffungskosten um rund 50 % reduzieren. Selbst bei einem Ein-Mann-Unternehmen kann sich das Sparpotenzial – je nach Ausstattung – auf über 1.000 Euro belaufen. Grund genug, dass nicht nur Existenzgründer diese Option ins Auge fassen sollten. Wem der Kauf von Gebrauchtsoftware zu heikel ist, der greift stattdessen zu Neuware bei Amazon* oder Softwarehouse.de!