Vorsicht beim Online-Kauf bei Amazon! Derzeit hat der Online-Marktplatz mit einer riesigen Betrugswelle zu kämpfen. Betrüger kapern Marketplace-Shops und eröffnen eigene Fake-Shops mit vermeintlichen Schnäppchen. Wir zeigen, wie Sie die Betrugsversuche entlarven und sich schützen.
Amazon verdankt seinen Erfolg unter anderem der Tatsache, dass der Online-Marktplatz einen exzellenten Ruf genießt. Viele Online-Käufer scheuen vor Bestellungen bei unbekannten Online-Shops zurück, weil sie fürchten, auf unseriöse Anbieter hereinzufallen.
Das Problem hat man bei Amazon bekanntlich nicht. Hier bekommt man schließlich alles! Und das auch noch zu günstigen Preisen und schnell geliefert. Sollte es mit einem Produkt einmal Schwierigkeiten geben, schickt man es einfach zurück und bekommt den Kaufpreis umgehend erstattet!
Diese heile Online-Shopping-Welt bei Amazon bekommt seit einigen Monaten jedoch enorme Risse. So übt die enorme Besucherzahl, die Amazon Deutschland regelmäßig aufweist, auch auf Betrüger eine hohe Faszination aus. Und die nutzen die Schwachstellen des Amazon-Marketplace, um mit Betrügereien schnell große Kasse zu machen. Und zwar mit Fakeshops und gekaperten Amazon-Shops!
Betrüger eröffnen Fake-Shops und kapern Marketplace-Stores
Doch wie funktioniert der Betrug? Zur Erklärung muss man sich vergegenwärtigen, dass Amazon nicht nur ein gewöhnlicher Online-Shop ist, sondern auch ein Online-Marktplatz, über den im Prinzip jeder Gebraucht- und Neuware verkaufen kann.
Suchen Sie bei Amazon nach einem beliebigen Produkt, können Sie es mit einem Klick auf „In den Einkaufswagen“ sofort kaufen. Bei welchem Verkäufer, bei Amazon selber oder einem externen Händler, Sie dabei das Produkt tatsächlich kaufen, finden Sie allerdings nur heraus, wenn Sie sich die Seite sehr genau anschauen. Diese Information steht nämlich in der so genannten Buy Box und kann schnell überlesen werden.
Erfahrene Amazon-Kunden wissen zudem, dass das voreingestellte Angebot nicht immer das günstigste sein muss. Bieten mehrere Händler das gleiche Produkt an, kann man sich mit einem Klick alle aktuellen Angebote anschauen und gegebenenfalls einen günstigeren Anbieter aussuchen.
Fakeshops locken mit traumhaften Angeboten
Die Betrüger treten als gewöhnliche Marketplace-Verkäufer auf. Dabei locken sie Kunden mit extrem günstigen Angeboten an. Ein Beispiel: Sie bieten eine Miele-Waschmaschine für 444 Euro an, die sonst deutschlandweit mindestens 800 Euro kostet.
Mit solch einem Schnäppchenangebot schaffen sie es oftmals, direkt beim Aufruf des Produkts als Verkäufer voreingestellt zu sein. Das heißt: Wer jetzt bei Amazon auf „kaufen“ klickt, kauft bei einem Betrüger!
Die Zahlungsabwicklung erfolgt wie gewohnt durch Amazon. Eigentlich müsste der Verkäufer die Ware nun gemäß seiner Lieferzeitangabe fristgemäß verschicken.
Da er die Ware aber gar nicht hat, kann er auch nichts verschicken. Trotzdem hat er noch ein Problem: Er muss irgendwie an Ihr Geld kommen, denn das ist momentan noch bei Amazon geparkt und würde erst nach mehreren Wochen an ihn ausgezahlt. Doch daraus wird nichts! Wenn Sie sich aufgrund der Nichtlieferung bei Amazon nach einigen Tagen oder einer Woche beschweren, würde Amazon die Bestellung stornieren und Ihnen den Kaufpreis erstatten.
Wie kommen die Betrüger an das Geld der Käufer?
Deshalb muss der Betrüger raffinierter vorgehen. Der Trick: Er storniert Ihre Bestellung einfach! Das können Amazon Marketplace-Händler problemlos mit einem Klick erledigen. Begründen wird er die Stornierung Ihnen gegenüber mit einer Ausrede – beispielsweise, dass es einen Fehler im angezeigten Warenbestand gegeben hat. Kurze Zeit später werden Sie jedoch wieder eine Nachricht vom Verkäufer bekommen, in der er Ihnen mitteilt, dass auf wundersame Weise das Schnäppchen doch wieder vorrätig ist.
Da die Amazon-Bestellung aber inzwischen storniert wurde, schlägt er Ihnen entweder vor, dass Geld direkt an ein Bankkonto, das er angibt, zu überweisen. Nach Zahlungseingang würde er die bestellte Ware direkt an Sie verschicken.
Bei dieser Methode dürften viele Schnäppchenjäger jedoch misstrauisch werden. Deshalb ist eine andere Vorgehensweise inzwischen verbreitet: Der Verkäufer bittet Sie, ihm einige persönliche Daten mitzuteilen. Angeblich, um direkt bei Amazon einen neuen Kaufvorgang anlegen zu können. So wären Sie durch die Amazon-Kaufabwicklung geschützt!
Tatsächlich aber erhalten Sie anschließend einen Link zu einer gefälschten Amazon-Website, auf der Sie aufgefordert werden, den Kaufvorgang mit einer Banküberweisung abzuschließen. Tun Sie das, ist Ihr Geld weg!
Riesige Betrugswelle auf Amazon.de
Was nach bedauerlichen Einzelfällen klingt, ist in Wahrheit inzwischen ein riesiges Problem bei Amazon. Bei der Recherche genügte ein einziger Produktaufruf, um sofort auf das Angebot eines dubiosen Händlers zu stoßen:

Über 200 Euro weniger als bei den günstigsten Online-Shops zahlt man hier angeblich für die Canon EOS 70D. Doch ein Blick auf den Namen des Verkäufers sollte Misstrauen wecken.
Angeboten wird hier eine Canon EOS 70D zu einem Preis von 549 Euro. Nur zum Vergleich: Idealo listete zum Zeitpunkt den Online-Shop Atronis mit einem Preis von 749 Euro als günstigsten Anbieter aus!
Wenn wir uns das Angebot für die Canon EOS 70D anschauen, fällt eine Merkwürdigkeit sofort ins Auge: So lautet der Verkäufername „Bitte kontaktieren Sie mich vor dem Kauf info[at]mail185.com“. Ein etwas seltsamer Name für einen Amazon-Händler.
Betrüger wollen Kunden vom Marktplatz weglocken
Warum sich der Händler so nennt, ist klar: Er will die Käufer so davon abhalten, das vermeintliche Schnäppchen direkt über Amazon zu bestellen. Stattdessen soll die komplette Abwicklung direkt im E-Mail-Verkehr mit Ihnen vorgenommen werden. Er bedankt sich für Ihr Interesse und bietet Ihnen an, den Verkauf abseits von Amazon Marketplace durchzuführen. Er spare damit Gebühren, Sie profitieren von einem sogar noch günstigeren Preis! Bezahlen sollen Sie dann entweder per Western Union, PayPal oder auf ein ausländisches Bankkonto. Sobald Sie zahlen, sehen Sie Ihr Geld nie wieder – und Ware bekommen Sie natürlich auch keine!
Für die Betrüger ist es Kinderspiel, immer wieder unter neuem Namen ein Verkäufer-Konto bei Amazon zu erstellen und eine Vielzahl vermeintlicher Schnäppchen einzustellen. Amazon macht es den Betrügern hierbei relativ leicht, weil keine nennenswerte Prüfung und Verifizierung der Daten durchgeführt wird.
Doch selbst wenn Sie grundsätzlich nicht bei Marketplace-Händlern einkaufen, die sich erst kürzlich registriert haben, sind Sie nicht geschützt. So handelt es sich bei unserem Beispielfall mit der Canon EOS 70 nämlich um keinen neuen Händler, sondern um einen Shop, der schon seit mehreren Jahen existiert und offenbar von Hackern gekapert wurde. So wurden über mehrere Jahre ausschließlich Hula-Hoops verkauft – und jetzt auf einmal hat man sich zum Elektronik-Discounter mit Riesenlager gewandelt, wie dieser Screenshot zeigt:
Positive Bewertungen bieten keine Sicherheit
In diesem Fall hat also offenbar ein Hacker die Kontrolle über den Marketplace-Shop übernommen, einen neuen Händlernamen eingetragen und fleißig neue Angebote eingestellt. Schnäppchenjäger, die skeptisch waren, ob dieser Anbieter seriös ist, wurden so beruhigt. So wies der Shop über 6.000 Bewertungen, 99 Prozent davon positiv, auf. Nur stammen diese Bewertungen natürlich aus der Zeit, bevor der Shop gekapert wurde. Inzwischen ist der Hackerangriff auf dieses Konto übrigens von Amazon und vom Händler bemerkt, die eingestellten Angebote entfernt und die Umbenennung rückgängig gemacht worden.
Sind wir hier nur zufällig auf einen Einzelfall gestoßen? Leider nicht, denn es dauert keine fünf Minuten, bis wir auf das nächste, sehr verdächtige Angebot stoßen:

Auch bei extrem günstigen Gebrauchtwaren sollten Sie misstrauisch sein. Vor allem, wenn Sie aufgefordert werden, den Verkäufer vor dem Kauf per E-Mail zu kontaktieren.
Und wenig später finden wir das nächste Angebot, das zu schön ist, um wahr zu sein:

Ein Canon EOS 700D für 270 Euro? Wer möchte da nicht zuschlagen! Bekommen werden Sie die Kamera für diesen Preis aber leider nicht. Auch bei den drei Anbietern unter diesem „Superschnäppchen“ sollte man im Übrigen sehr misstrauisch sein.
Und noch einen Verdachtsfall finden wir in einer kurzen Recherche:

Hier fällt die Preisersparnis etwas geringer als bei den anderen verdächtigen Angeboten. Trotzdem sollten Sie die Finger davon lassen.
Tatsächlich scheint Amazon also derzeit ein massives Problem mit Betrügern zu haben! Und diese Betrüger schaden nicht nur ihren Opfern, sondern in einem ganz erheblichen Ausmaß auch dem Renommee von Amazon.
Viele Kunden vertrauen dem Branchenprimus momentan noch blind und bestellen grundsätzlich, ohne dabei argwöhnisch zu sein. Dabei registrieren sie gar nicht, ob sie gerade bei Amazon direkt oder einem Marketplace-Händler shoppen. Dieses Grundvertrauen dürfte bald dahin sein, wenn Amazon das Problem mit den Fake-Shops und den gekaperten Shops nicht schnell in den Griff kriegt!
Wie können Sie sich vor den Amazon-Betrügern schützen?
Bleibt die Frage zu klären, wie man sich vor solchen Betrugsversuchen schützen kann! Hierfür sollten Sie auf einige Punkte beim Kauf grundsätzlich achten:
- Werden Sie misstrauisch, wenn ein Angebot deutlich unter den marktüblichen Preisen liegt.
- Finger weg, wenn schon in der Artikelbeschreibung oder in der Händlerbeschreibung ein Hinweis platziert ist, dass Sie den Verkäufer per E-Mail kontaktieren sollen.
- Führen Sie die Kaufabwicklung immer nur direkt über Amazon durch.
- Kontaktieren Sie den Amazon-Kundenservice, wenn Ihnen ein Angebot verdächtig erscheint.
- Klicken Sie nicht auf Links, die Ihnen die Verkäufer per E-Mail schicken, und die angeblich zu Amazon führen sollen.
- Reagieren Sie nicht auf Angebote per E-Mail, Bestellungen direkt mit dem Verkäufer abzuwickeln.
Wenn Sie diese Tipps beherzigen, werden Sie auf die Betrüger beim Amazon Marketplace nicht hereinfallen. Trotzdem bleibt zu wünschen, dass Amazon dem Betreiben der Marketplace-Betrüger endlich dauerhaft das Handwerk legt!