Der Online-Handel hat gegenüber stationären Fachgeschäften einen entscheidenden Nachteil: Es fehlt die Beratung! Das will Amazon jetzt wettmachen – indem die eigenen Kunden einfach zu ehrenamtlich tätigen Fachberatern eingespannt werden.
Wer bei Amazon in den letzten Monaten etwas bestellt hat, muss sich nicht wundern, wenn er eines Tages eine E-Mail wie diese bekommt:
Was ist das denn? Eine Spam-Mail? Könnte man meinen, ist es aber nicht. Die Nachricht stammt tatsächlich von Amazon. Ich werde also gebeten, einem anderen Kunden eine Frage zu einem Produkt zu beantworten, das ich gekauft habe!
Da drängt sich bei mir auch direkt eine Frage auf: Warum ich? Für solch eine Aufgabe sind doch üblicherweise andere Ansprechpartner zuständig: Nämlich der Hersteller oder der Händler!
Alle zwei Wochen ist Amazon-Dienst angesagt!
Nun sollte ich aber mal nicht so herzlos sein! Es ist doch nicht zu viel verlangt, einem anderen Menschen in Not mit Rat und Tat zur Seite zu springen. Stimmt, doch wer sich die E-Mail von Amazon einmal genauer anschaut, stellt fest, dass es mit dieser einmaligen Hilfsaktion nicht getan sein wird. So heißt es in der Nachricht:
„Wir werden Ihnen maximal alle zwei Wochen Kundenfragen senden.“
Alle zwei Wochen also. Das geht ja noch. Ist ja ein überschaubarer Zeit- und Arbeitsaufwand! Ich helfe doch immer wieder gerne! Doch eine Frage habe ich dann doch noch: Warum genau bin ich dafür verantwortlich, einem Kunden von Amazon zu helfen? Auch hierauf gibt mit Amazon in der E-Mail eine Antwort:
„Wenn Amazon-Kunden Fragen zu einem Produkt haben, helfen wir ihnen, von anderen Kunden schnell vertrauenswürdige Antworten zu erhalten.“
Amazon hilft also seinen Kunden, indem andere Kunden gebeten werden, ihnen zu helfen. Das ist in der Tat eine geniale Strategie. Warum auch soll man mit solchen Lappalien die kostbare Arbeitszeit des Amazon-Support-Teams vergeuden, wenn man die eigenen Kunden dafür einspannen kann?
Ein wenig erkenntlich wird sich Amazon sicherlich zeigen, wenn man seine eigene Zeit opfert, um anderen Amazon-Kunden zu helfen, oder? Vielleicht mit einem kleinen Einkaufsgutschein? Mal nachschauen, was im Hilfebereich unter „Kunden – Fragen und Antworten“ hierzu zu finden ist:
Wie beantworte ich eine Frage?
Sie können Fragen direkt innerhalb des „Kunden – Fragen & Antworten“ Features auf der Produktseite beantworten, indem Sie auf „Diese Frage beantworten“ klicken. Um mehr Fragen zu beantworten, klicken Sie auf „Alle Fragen ansehen“ und sortieren Sie die Webseite nach „Nur unbeantwortete Fragen“. Damit werden Ihnen dann nur Fragen zu diesem Produkt angezeigt, die bisher noch keine Antwort erhalten haben.
„Provision, Vergütung, Dankeschön, Prämie, Honorar …“ Irgendwo muss doch was zu finden sein! Leider nein, das hat Amazon wohl vergessen! Zumindest aber entdecke ich die Möglichkeit, dass ich mir doch nicht alle zwei Wochen eine halbe Stunde für Amazon frei nehmen muss:
„Wenn Ihnen dies zu häufig ist, können Sie hier klicken, um Ihre Einstellungen zu aktualisieren oder um sich abzumelden.“
Das nenne ich aber nun mal wirklich kundenfreundlich! Ich kann mich also für den Service-Dienst, für den ich mich nie angemeldet habe, problemlos wieder abmelden. Da ist es wieder: Dieses Gefühl, dass ich als Kunde bei Amazon immer an erster Stelle stehe.
Da möchte ich mich natürlich auch erkenntlich zeigen und dem armen Amazon-Kunden endlich antworten. Und den vielen anderen, denen diese Frage auch schon lange unter den Nägeln brennt, gleich mit. Schließlich werden die Fragen und Antworten auf der Produktseite von Amazon veröffentlicht.
Amazon Antworten: Ein Gewinn für alle!
Das bedeutet: Ich helfe nicht nur einem Kunden, sondern ganz vielen. Und nebenbei natürlich auch meinem Lieblings-Shop, denn der spart so nicht nur Geld, sondern bekommt mit jeder Antwort auch noch neue Informationen für die Produktseite, die dafür sorgen können, dass mehr Besucher auf „In den Einkaufswagen“ klicken. Also profitieren alle! Ich natürlich auch, weil mir warm ums Herz wird, weil ich anderen ganz uneigennützig geholfen habe.
Doch Mist! Ich habe zu lange getrödelt! Inzwischen hat ein anderer Käufer dem verwirrten Amazon-Kunden geholfen. Hoffentlich gibt das keine Ermahnung von Amazon! Irgendwie muss ich das wieder gut machen.
Vielleicht kann ich anbieten, beim nächsten Weihnachtsgeschäft unentgeltlich beim Verpacken zu helfen. Oder aber greife den festangestellten Mitarbeitern bei der Retourenbearbeitung unter die Arme. Irgendetwas wird sich schon finden, wie ich Amazon helfen kann!