Mit Factoring können Unternehmen und Selbstständige ausstehende Forderungen zu Geld machen. Wir zeigen, wie das System funktioniert und stellen die wichtigsten Anbieter vor.
Wenn Verbraucher Waren im Internet auf Rechnung kaufen, haben sie in der Regel 14 Tage Zeit, den fälligen Betrag zu überweisen. Wenn Unternehmen miteinander Geschäfte machen, sind hingegen deutlich längere Zahlungsziele üblich.
So gewähren viele Unternehmen ihren Firmenkunden einen Zeitraum von 90 Tagen und mehr, um Rechnungen zu begleichen. Diese langen Zahlungsziele sind ein Marketing-Instrument, mit dem sich der Umsatz ankurbeln lässt. Schließlich werden Kunden, die aktuell über zu wenig liquide Mittel verfügen, so dazu animiert, Aufträge vorzuziehen.
Für wen eignet sich Factoring?
Und die Kunden, die selbst hohe Rechnungen sofort bequem aus der Portokasse zahlen könnten, freuen sich über ein zinsloses Darlehen. Nichts anderes ist nämlich ein langes Zahlungsziel. Während des Zeitraums zwischen Rechnungsstellung und dem Ende des Zahlungsziels können die Kunden so nämlich mit dem Rechnungsbetrag noch selbst Zinsgewinne erwirtschaften!
Für die Kunden sind lange Zahlungsziele also sehr attraktiv. Für die Unternehmen, die diese anbieten, sind sie jedoch ein Risiko. Die offenen Forderungen werden zwar buchhalterisch auf der Aktivseite des Unternehmens verbucht und stellen Vermögenswerte dar.
Verfügen können die Unternehmen darüber jedoch nicht. Und während ihre eigenen Kosten weiterlaufen und bezahlt werden müssen, heißt es: Warten, bis das Zahlungsziel der Rechnung für den Großauftrag endlich ausläuft! In der Zwischenzeit können jedoch kann die mangelnde Liquidität ein Unternehmen in finanzielle Schieflage bringen.
Forderungen als Sicherheit für kurzfristige Kredite
Genau hier setzt das Modell des Business Factoring an. Beim Factoring verkaufen Unternehmen ihre offenen Forderungen an Finanzdienstleister. Man spricht hierbei deshalb auch vom Invoice Factoring. Beim so genannten Echten Factoring übernehmen die Dienstleister dabei auch das Risiko eines Zahlungsausfalls.
Die Dienstleister finanzieren offene Forderungen vor und berechnen dafür eine prozentuale Gebühr. Im Prinzip ist Factoring also nichts anderes als ein Firmenkredit mit einer offenen Forderung als Sicherheit! Aus diesem Grund fällt beim Factoring auch immer wieder der Begriff Lending – das englische Wort für Kredit.
Factoring und Forderungsankauf: Beim Factoring werden nur Forderungen akzeptiert, die unstrittig sind und deren Zahlungsziel noch nicht erreicht ist. Man kann also keine Forderung bei einem Dienstleister einreichen, bei dem der Kunde im Zahlungsverzug ist. Die Factoring-Dienstleister kaufen die Forderungen entweder inklusive der Übernahme des Ausfallrisikos (echtes Factoring) auf oder belassen dieses Risiko beim Factoring-Kunden (unechtes Factoring).
Noch vor einigen Jahren waren solche Transaktionen für Unternehmen sehr mühselig. Es gab nur wenige Anbieter, mit denen man zunächst in persönlichen Konditionen aushandeln musste, um anschließend über den Postweg ausstehende Forderungen, die man vorfinanzieren lassen wollte, einzureichen. Nach erfolgreicher Prüfung konnte das Geld dann ausgezahlt werden.
Aufgrund der hohen Gebühren und des verhältnismäßig großen Aufwands nutzten hauptsächlich große Firmen bei hohen Forderungen von 500.000 Euro und mehr Factoring. An KMU hingegen richteten sich die Factoring Anbieter nicht – zu geringe Rechnungsbeträge und Jahresumsätze machten die Zusammenarbeit für die Dienstleister unrentabel.
Factoring für Freelancer, Selbstständige und KMU
Das Internet hat das Geschäftsmodell des Factorings völlig auf den Kopf gestellt. Inzwischen gibt es diverse Anbieter, die kleinen und mittelständischen Unternehmen anbieten, Rechnungen vorzufinanzieren. Dabei sind die Konditionen für alle Kunden gleich, Rechnungen werden per Upload direkt über das Internet übertragen und das Geld oft schon am selben Tag ausbezahlt. Teilweise können sogar kleine Rechnungen mit dreistelligen Eurobeträgen von Unternehmen eingereicht werden.
Factoring ist somit für Unternehmen aus allen Branchen und aller Größen eine Option geworden, um Liquiditätslücken mit Vorfinanzierungen kurzfristig zu schließen. Das gilt für freiberufliche Architekten genauso wie für einen kleinen Malermeisterbetrieb und einen mittelgroßen Stahlgroßhandel.
Doch mit welchen Kosten müssen Unternehmen beim Factoring rechnen? Und welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden – beispielsweise in Form von Mindestumsätzen oder Mindestrechnungshöhen?
Wer sich für Factoring interessiert, findet im Internet diverse Anbieter. Wir haben die wichtigsten Factoring Companies, die sich an deutsche Unternehmen richten, für Sie in dieser Übersicht (alphabetisch sortiert) zusammengestellt. Bei den Angeboten handelt es sich, falls nicht anders angegeben, um Unechtes Factoring. Das bedeutet: Bei einem Zahlungsausfall Ihres Kunden müssen Sie das Geld an den Factoring-Dienstleister zurückzahlen. Alle Angaben sind ohne Gewähr.
Anbieterübersicht Factoring
Zielgruppe: Selbständige, Freiberufler und KMU
kleinster möglicher Rechnungsbetrag: 1 Euro
größter möglicher Rechnungsbetrag: 150.000 Euro
Mindestumsatz pro Jahr: nein
Mindest-Vertragslaufzeit: nein
Überweisung der Rechnungssumme: innerhalb von 24 Stunden
Gebühren: ab 2,3 %
Besonderheiten: beim Erstauftrag liegen die Gebühren bei nur 1,99 %. 80 Prozent der Forderung werden sofort an Sie überwiesen. Der Restbetrag bei Zahlung Ihres Kunden.
Rechnung.de* (Decimo)
Zielgruppe: Selbständige, Freiberufler und KMU
kleinster möglicher Rechnungsbetrag: 100 Euro
größter möglicher Rechnungsbetrag: 10.000 Euro
Mindestumsatz pro Jahr: nein
Mindest-Vertragslaufzeit: nein
Überweisung der Rechnungssumme: innerhalb von 24 Stunden
Gebühren: ab 0,5 %
Besonderheiten: inklusive Ausfallschutz, der erste Auftrag (maximal 500 Euro Rechnungssumme) ist kostenlos.
FLEX Payment
Zielgruppe: Selbständige, Freiberufler und KMU
kleinster möglicher Rechnungsbetrag: 50 Euro
größter möglicher Rechnungsbetrag: 30.000 Euro
Mindestumsatz pro Jahr: nein
Mindest-Vertragslaufzeit: nein
Überweisung der Rechnungssumme: innerhalb von 15 Minuten
Gebühren: zwischen 1,95 % und 3,95 %
Besonderheiten: 80 Prozent der Forderung werden sofort an Sie überwiesen. Der Restbetrag bei Zahlung Ihres Kunden.
Zielgruppe: Unternehmen im Bereich: Verkauf von Dienstleistungen und Waren
kleinster möglicher Rechnungsbetrag: 5.000 Euro
größter möglicher Rechnungsbetrag: 250.000 Euro
Mindestumsatz pro Jahr: 100.000 Euro
Mindest-Vertragslaufzeit: nein
Überweisung der Rechnungssumme: innerhalb von 24 Stunden
Gebühren: ab 1,0 % (+ Zinsen)
Besonderheiten: 85 Prozent der Forderung werden sofort an Sie überwiesen. Der Restbetrag bei Zahlung Ihres Kunden.
Zielgruppe: Unternehmen im B2B-Bereich
kleinster möglicher Rechnungsbetrag: k. A.
größter möglicher Rechnungsbetrag: k. A.
Mindestumsatz pro Jahr: 50.000 Euro
Mindest-Vertragslaufzeit: ein Jahr
Überweisung der Rechnungssumme: innerhalb von 48 Stunden
Gebühren: zwischen 3 % und 4 % zzgl. 500 Euro Jahres- und 250 Euro Start-up-Gebühr
Besonderheiten: 100 Prozent der Forderung werden sofort an Sie überwiesen.