Die Airline Germania hat am 5. Februar 2019 ihren Flugbetrieb eingestellt. Damit bleiben über 260.000 Kunden, die bei Germania Flüge gebucht haben, auf ihren Kosten sichern. Doch wer seine Flüge per Kreditkarte bezahlt hat, hat gute Chancen, sich das Geld zurückzuholen.
Die Nachricht aus den frühen Morgenstunden des 5. Februars 2019 dürfte vielen die Vorfreude auf den Sommerurlaub gründlich verhagelt haben: Die deutsche Traditions-Airline Germania ist insolvent und stellt den Flugbetrieb mit sofortiger Wirkung ein.
Gut, wer im Rahmen einer Pauschalreise (hier geht es zum Urlaubsreisen-Preisvergleich von Check24*) eigentlich mit Germania fliegen sollte: In diesem Fall bucht Sie der Reiseveranstalter einfach auf eine andere Airline um. Sie müssen sich um nichts weiter kümmern.
Weniger gut getroffen haben es Kunden, die ihre Flüge direkt bei Germania oder über ein (Online-)Reisebüro gebucht haben. In diesem Fall heißt es nämlich laut Insolvenzverwalter:
„Für Passagiere, die ihr Flugticket direkt bei Germania gekauft haben, besteht aufgrund der gültigen Gesetzeslage bedauerlicherweise kein Anspruch auf Ersatzbeförderung.“
Wie bekommt man sein Geld zurück, wenn man bei Germania Flugtickets gebucht hat?
Doch wie sieht es mit den Kosten für die Tickets aus? Auch hier schauen die Selbstbucher leider in die Röhre. Zwar können Sie Ihre Forderung in den kommenden Monaten in der Insolvenztabelle anmelden (hierzu werden Kunden automatisch vom Insolvenzverwalter informiert), doch in der Liste der Germania-Gäubiger landen Sie damit ganz weit hinten – und bekommen, wenn überhaupt, nur einen Bruchteil Ihres Geldes zurück.
Bleiben Germania-Kunden also auf den Kosten für gebuchte Flugtickets sitzen? Nicht unbedingt. Sie sollten in jedem Fall überprüfen, wie Sie Ihre Germania-Tickets bezahlt haben: Wer per Kreditkarte, egal ob Visa, Mastercard oder American Express, hat gute Chancen das Geld doch noch zurück zu erhalten – mit einem Trick, den viele Urlauber auch schon bei der Air Berlin-Pleite erfolgreich angewendet haben: dem so genannten Chargeback!
Wie kann man Kreditkartenbuchungen für annulierte Flüge zurückbuchen?
Chargeback bedeutet Rückbuchung. Was viele Kreditkartenkunden nicht wissen: Sie können Kreditkartenbuchungen rückgängig machen. Zum Beispiel, wenn Ihre Kreditkarte missbräuchlich verwendet wurde oder aber auch, wenn der Verkäufer eine vereinbarte Leistung nicht erbracht hat. Das betrifft ganz konkret auch Flugbuchungen.

Visa wirbt ganz offiziell damit., dass Sie bei Flugausfällen geschützt sind, wenn Sie die Tickets mit Ihrer Kreditkarte bezahlt haben.
So heißt es auf der Website von Visa:
„Bezahlen Sie die Flugtickets mit Ihrer Visa Karte, damit Sie bei Verlust oder Diebstahl Ihres Tickets sowie bei einer Flugverspätung oder -annulierung abgesichert sind.“
Und die zukünftigen Flüge von Germania wurden schließlich annulliert. Doch wie läuft solch ein Chargeback-Verfahren in der Praxis ab? Hierzu muss man sich durch die 779 Seiten dicken Service-Bedingungen von Visa kämpfen. Auf Seite 688 ff. wird beschrieben, unter welchen Voraussetzungen eine Rückbuchung angefordert werden kann. Ein Punkt dabei lautet (frei übersetzt):
„Der Karteninhaber hat eine Zahlung veranlasst, hat jedoch die Ware oder die Dienstleistung nicht erhalten, weil der Händler nicht bereit oder in der Lage war, die Ware oder die Dienstleistung zu liefern.“
Der Händler ist in diesem Fall Germania, die Dienstleistung der Flug.
An wen muss ich mich für ein Chargeback bei Flugbuchungen wenden?
Visa führt in seinen Bedingungen jedoch auch auf, dass der Karteninhaber vor einem Chargeback die Pflicht habe, eine gütliche Einigung mit dem Händler zu versuchen – was im Fall von Germania aber logischerweise gar nicht möglich ist.
Möchten Sie auf Ihrem Kreditkartenkonto ein Chargeback für Ihre Germania-Flüge auslösen, wenden Sie sich jedoch nicht direkt an Visa oder Mastercard, sondern an die ausgebende Bank – also zum Beispiel die LBB (mit zum Beispiel der Amazon Prime Visa Card), Barclaycard oder DKB. Anders sieht es bei Amex aus: Hier ist American Express auch Ihr direkter Ansprechpartner.
Die Banken bieten Ihnen auf ihren Websites, teilweise auch im Online-Banking-Bereich, entsprechende Reklamationsformulare an, mit denen Sie einen Chargeback anfordern können. Hierbei müssen Sie aufführen, welche Buchung aus welchem Grund rückgängig gemacht werden soll.
Kann jeder Kunde die Kosten für annulierte Germania-Flüge einfach zurückbuchen?
Die Banken prüfen anschließend Ihre Beschwerde und schreiben Ihnen, falls der Antrag bewilligt wird, den Kaufbetrag wieder gut. Doch hier kommt leider der Haken – wie gut Ihre Chancen stehen, schnell und unkompliziert Ihr Geld für die Germania-Tickets zurückzubekommen, hängt von zwei Faktoren ab:
- Für welches Datum sind Ihre Flüge gebucht?
- Bei welcher Bank haben Sie Ihre Kreditkarte beantragt?
Update vom 25.03.2019: Inzwischen wurde bestätigt, dass alle Übernahmegespräche gescheitert sind und die Airline Germania aufgelöst wird. Es finden keine Flüge mehr statt.
Doch warum ist das so? Damit Ihnen der Betrag für die Flugtickets wieder gut geschrieben wird, verlangen die meisten Banken einen Nachweis, dass der Flug tatsächlich storniert wurde. Doch diese Bestätigung haben bislang nur Germania-Kunden bekommen, deren Flug bis zum 15. April 2019 stattfinden sollte.
Findet Ihr Flug planmäßig zu einem späteren Zeitpunkt, ist laut Insolvenzverwalter noch gar nicht sicher, ob Ihr Flug tatsächlich ausfällt. So heißt es bei Germania:
„Nach aktueller Prognose können Germania-Flüge im Monat Februar nicht stattfinden.
Allerdings bemüht sich der vorläufige Insolvenzverwalter derzeit um eine Sanierungslösung und verhandelt mit möglichen Investoren um eine Übernahme. Es ist deshalb denkbar, dass der Flugbetrieb zu einem späteren Zeitpunkt ganz oder teilweise wieder aufgenommen wird und gebuchte Flüge durchgeführt werden.
Ob und vor allem zu welchen Konditionen Flüge im Rahmen einer eventuellen Investorenlösung durchgeführt werden, d.h. ob Germania-Kunden entsprechende Flüge ganz oder teilweise erneut bezahlen müssen, ist derzeit noch völlig offen. Dies hängt jeweils vom Investorenkonzept ab. Ansprüche von Kunden gegenüber Germania gehen bei einer Investorenlösung nicht automatisch mit über.
Näheres wird sich erst im weiteren Verlauf der Sanierung klären. Wir werden dazu an dieser Stelle informieren.“
Wie läuft ein Chargeback für Flugbuchungen in der Praxis ab?
Diesen Passus machen sich einige ausgebende Banken zunutze, um Kunden bei Chargeback-Anträgen hinzuhalten oder gar abzuweisen. Warum schließlich soll Geld zurückgebucht werden, wenn der Flug vielleicht doch planmäßig stattfindet?
Hier können Sie jedoch auf den Satz verweisen, dass „Ansprüche von Kunden gegenüber Germania bei einer Investorenlösung nicht automatisch mit übergehen.“ Das bedeutet: Mag sein, dass Flüge doch wie geplant stattfinden – allerdings sind die gebuchten Tickets dann nicht automatisch gültig.
In der Praxis zeigt sich, dass sich manche Banken bei der Bearbeitung kooperativer und kulanter zeigen als andere. So hat die DKB beispielsweise für seine Kreditkartenkunden, die Germania-Tickets gebucht haben, ein spezielles Infoblatt online gestellt* (Germania im Suchfeld eingeben). Dort ist nachzulesen, wie man vorgehen muss, um eine Erstattung zu erhalten.
Was kann ich tun, wenn meine Bank den Chargeback für Germania-Tickets ablehnt?
Andere Banken spielen hingegen laut den Berichten von Germania-Kunden in Internetforen auf Zeit und verlangen schriftliche Nachweise, dass die gebuchten Flüge nicht stattfinden und eine Rückerstattung von Germania abgelehnt wird – beides ist vom Insolvenzverwalter jedoch nur schwerlich zu bekommen.
Der Rat, den man in Germania-Foren immer wieder liest, lautet: Bleiben Sie hartnäckig! Die Kreditkartenbedingungen von Visa sind eindeutig und lassen keinen Spielraum für Interpretationen. Dabei spielt es keine Rolle, bei welcher Bank Sie Ihre Kreditkarte beantragt haben.
Und für die Zukunft gilt: Merken Sie sich, welche Kreditkarten ausgebende Bank sich in solchen Fällen kulant zeigt und welche nicht. Mit einem Wechsel können Sie sich eventuell viel Ärger ersparen!