Die VG Wort nutzt die Einnahmen aus der Gerätevergütung für Smartphones und Tablets als Sicherheit für die kommende Nachausschüttung des Verlegeranteils.
Noch in diesem Jahr werden sich viele Autoren und Journalisten über eine dicke Überweisung aus München freuen können. Gemäß des Korrekturverteilungsplans aus dem Herbst 2016, der nach dem BGH-Urteil zur Verlegerbeteiligung beschlossen werden musste, erhalten Urheber den sogenannten Verlegeranteil, der von der VG Wort zurückgefordert beziehungsweise direkt einbehalten wurde, für die Jahre 2012 bis 2016 nachgezahlt. Das hat die VG Wort Anfang Dezember bekanntgegeben, nachdem man zuvor viele Wochen in puncto Information der Wahrnehmungsberechtigten auf Tauchstation gegangen war.
Die Verwertungsgesellschaft hat angekündigt, die ausstehenden Gelder zu 100 Prozent an die Urheber auszuzahlen. So sind bereits über 90 Prozent der von den Verlagen zurückgeforderten Gelder an die VG Wort zurückgeflossen. Die verbleibende Lücke wird durch nachträgliche Einnahmen aus der Gerätevergütung für Multifunktionsgeräte aus den Jahren 2002 bis 2007 geschlossen. Die Gelder waren für diesen Zweck extra zurückgestellt worden.
Verfassungsbeschwerde sorgt für Vorbehalt und hohe Rückstellungen
Ein Grund für ungeteilte Freude ist die Benachrichtigung der VG Wort trotzdem nicht. Die Verwertungsgesellschaft teilt nämlich außerdem mit, dass die Nachausschüttungen an die Urheber noch unter Vorbehalt erfolgen. Grund dafür ist eine Verfassungsbeschwerde des C.H.Beck-Verlags aus dem Juni 2016, der in dem BGH-Urteil einen Eingriff ins das eigentumsrechtliche Verlagsrecht sieht, ohne eine entsprechende Kompensation sicherzustellen. Nach wie vor hat das Verfassungsgereicht nicht entschieden, ob die Beschwerde zugelassen wird.
Für die Urheber schwebt also eine mögliche Rückforderung als Damoklesschwert über der anstehenden Ausschüttung. Doch nicht nur das. Der Verwaltungsrat der VG Wort hat entschieden, für den Fall einer Rückforderung vorzusorgen und Rückstellungen in gleicher Höhe zu bilden. Und für diese Rückstellungen werden Gelder genutzt, die aus nachträglichen Einnahmen aus der Gerätevergütung für Mobiltelefone und Tablets stammen, die in den Jahren 2012 bis 2016 stammen.
Rückstellung in gleicher Höhe
Eingesammelt hatte dieses Geld die Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ), nachdem man sich im Dezember 2015 mit Herstellern und Importeuren über die Vergütungshöhe geeinigt hatte. Anschließend wurde mit den verschiedenen Verwertungsgesellschaften ein Verteilungsschlüssel der Einnahmen festgelegt. Dieser muss vom Marken- und Patentamt noch abschließend bestätigt werden.
Anders als beispielsweise bei Druckern können mit einem Smartphone nicht nur Privatkopien von Schriftwerken, sondern unter anderem auch von Filmen und Musikstücken vorgenommen werden. Die VG Wort vertritt in diesem Fall gleich zwei Gruppen – die audiovisuellen Werke (Drehbuchautoren, Hörspielautoren) und den „stehenden Text“ (Printjournalisten, Buchautoren).
Die Einnahmen aus dem Bereich „stehender Text“ werden nun als Rückstellungen verwendet, falls die Nachausschüttungen an die Urheber rückgängig gemacht werden müssten und es dabei zu Zahlungsausfällen käme.
Im Klartext bedeutet das: Damit die Urheber die Nachausschüttungen aus dem Verlegeranteil erhalten können, wird die Nachausschüttung für Tablets und Smartphones in gleicher Höhe zurückgehalten.
Vergütungen von anderen Gesellschaften schon lange ausgezahlt
Andere Verwertungsgesellschaften haben ihren Anteil aus den nachträglichen Vergütungen im Übrigen schon längst an ihre Wahrnehmungsberechtigten ausgekehrt. So hat beispielsweise die GÜFA, die Gesellschaft zur Übernahme und Wahrnehmung von Filmaufführungsrechten bereits im April 2017 eine erste Akontozahlung durchgeführt. Die restlichen ZPÜ-Einnahmen wurden im August 2017 ausgeschüttet.
Als Urheber und Wahrnehmungsberechtigter bei der VG Wort kann nun jeder selbst entscheiden, wie er die aktuelle Situation bewertet. Positiv, weil nach der Ausschüttung des Verlegeranteils möglicherweise noch eine weitere große Nachzahlung folgen wird. Oder negativ, weil die VG Wort in Bezug auf Transparenz und zeitnahe Auszahlungen ihrer Einnahmen im Vergleich mit anderen Verwertungsgesellschaften schlecht abschneidet.