Stellen Sie sich vor, Sie führen einen Onlineshop und haben dabei nichts zu tun! Etwas überspitzt formuliert, aber gar nicht so verkehrt. Fulfillment-Dienstleister bieten einen Komplettservice aus einer Hand und unterstützen Webseller bei fast allen anfallenden Arbeiten. Lesen Sie, wie das Modell funktioniert.
Als Webseller hat man nicht selten einen 15-Stunden-Tag. Aufträge fakturieren, Zahlungseingänge überprüfen, Ware versenden, Retouren abwickeln, Kundenanfragen beantworten, Geschäftsvorgänge buchhalterisch erfassen, das Lager kontrollieren und neue Waren bestellen. Damit hätte man im groben alle Arbeiten erfasst, die zum Alltag bei einem Onlineshop gehören. Sind all diese Routinearbeiten erledigt, bleibt hoffentlich noch Zeit für die zweifellos wichtigste Aufgabe eines erfolgreichen Websellers: neue Kunden gewinnen! Also müssen Newsletter erstellt, Suchmaschinenkampagnen geplant und ausgewertet werden und die eigene Webseite permanent optimiert werden.
Ganz schön viel Arbeit für einen Kleinunternehmer! In Deutschland werden derzeit nach Expertenschätzungen rund 150.000 aktive Onlineshops betrieben. Hinter einem Großteil dieser Shops stecken keine Großunternehmen mit Fachabteilungen, die sich um die jeweiligen Aufgaben kümmern, sondern Einzel- und Familienunternehmen – deren Arbeitsalltag in etwa so wie beschrieben aussehen dürfte. Tatsächlich ist es als Einzelperson eigentlich nicht zu schaffen, einen Onlineshop langfristig nicht nur zu betreiben, sondern auch weiterzuentwickeln.
Irgendwann wird jeder Webseller deshalb an dem Punkt ankommen, an dem er merkt, dass eine Entscheidung getroffen werden muss. Dann, wenn die Belastungsgrenze endgültig erreicht ist, heißt es: Entweder hat man das Maximum hiermit erreicht, oder aber man stellt neues Personal ein. Eine Entscheidung, die wohl jedem Webseller sehr schwer fallen dürfte, schließlich müssen Mitarbeiter auch in mageren Verkaufsmonaten bezahlt werden. Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit. Eine Möglichkeit, die Kapazitäten frei macht, Wachstum zulässt, aber die Fixkosten eines Unternehmens trotzdem nicht belastet. Das Zauberwort heißt „Fulfillment“.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Fulfillment?
- Für wen könnte Fulfillment interessant sein?
- Welche Fulfillment-Dienstleistungen werden angeboten?
- Wird Fulfillment nur für große Shops angeboten?
- Wie funktioniert Fulfillment in der Praxis?
- Wie nutzt man Fulfillment by Amazon?
- Was versteht man unter „Fulfillment-Software“?
- Was bieten Fulfillment-Logistkdienstleister?
- Ist Fulfillment für alle Händler eine sinnvolle Option?
Was ist Fulfillment?
Der Begriff „Fulfillment“, oder gemäß britischem Englisch „Fulfilment“, bedeutet nichts anderes als „Erfüllung“, wobei in diesem Zusammenhang gemeint ist, dass sämtliche Aktivitäten, die die Bestellung eines Kunden bei einem Onlineshop nach sich zieht, von einem externen Dienstleister übernommen werden. Doch wie funktioniert Fulfillment denn eigentlich in der Praxis? Eigentlich relativ simpel: Alles, was ein Shopbetreiber ansonsten in Eigenregie erledigt, übernimmt nun ein Dienstleister – und zwar nicht nur die reine Distribution von Waren. Es um fasst vielmehr alle Aktivitäten vom Bestelleingang über die Kundenbetreuung, die Versandabwicklung, die Retourenbearbeitung und das Zahlungsmanagement bis hin zu umfangreichem Reporting.
Kurzum: Bestellt ein Kunde Waren, landet der Auftrag beim Dienstleister, der sich anschließend um die Abwicklung kümmert. Gleiches gilt für Retouren, Service-Anfragen und alle weiteren erdenklichen Aufgaben – zumindest wenn der Shopbetreiber das will, denn bei den meisten Fulfillment-Anbietern kann der kaufmännische und logistische Service wahlweise als Full- oder Teilservice genutzt werden. Der Betreiber entscheidet also selbst, welche Aufgaben er ausgliedert und welche nicht.
Für wen könnte Fulfillment interessant sein?
Fulfillment ist eine Dienstleistung, die sich keineswegs nur an mittelständische Onlineshops richtet, die einen Teil der Arbeitsbelastung ausgliedern möchten. So übernimmt der Fulfillmentanbieter PVS auf Wunsch sogar die Shop-Konzeption. Beispielsweise auch beim Onlineshop des Fußballbundesligisten Hamburger SV (www.hsv.de). Der Fußball-Club nutzt die E-Commerce-Lösung der PVS für den Vertrieb seiner Merchandisingprodukte. Entwickelt wurde ein E-Shop, der dem Corporate Design des Vereins entspricht.
Durch die Integration des E-Shops in das PVS-Versandhandelsystem findet eine durchgängige Bestellverarbeitung ohne Medienbruch statt. Bestell-, Bestands- und Adressdaten sowie Produkt- und Lieferinformationen werden permanent zwischen dem Versandhandelssystem und dem E-Shop ausgetauscht. Das Fulfillment umfasst neben der Pflege und Betreuung des E-Shops die Bestellverarbeitung, den Kundenservice, das Debitorenmanagement und den Versand der Produkte an die Fans. So kann man sich beim HSV darauf konzentrieren, den Shop zu bewerben und neue, erfolgversprechende Produkte zu kreieren.
Welche Fulfillment-Dienstleistungen werden angeboten?
Grundsätzlich können Webseller immer selbst entscheiden, welche Aufgaben sie aus der Hand geben wollen und wo man weiterhin selbst aktiv bleiben will. Im Maximalfall kommt man als Webseller zu keinem Zeitpunkt mit seinen Kunden direkt in Kontakt und sieht seine Ware auch nur bei der Bestimmung des Sortiments. „Der Shopbetreiber sollte vor allem darauf spezialisiert sein, das Produkt zu verkaufen und, die gesamte Klaviatur des Onlinemarketing beherrschen“, erklärt Andreas Kreickmann, Vertriebsleiter bei PVS.
Auf der anderen Seite können Sie natürlich auch nur kleine Teilbereiche an einen Fulfillmentdienstleister ausgliedern – und das tut eigentlich jeder Webseller, denn schließlich gehört zum Beispiel auch die Versandlogistik zum Fulfillment.
Wird Fulfillment nur für große Shops angeboten?
Fulfillment ist ein Service, der sich an Onlineshops aller erdenklichen Größen richtet. Wer jedoch den kompletten Alltagsbetrieb an einen Fullservice-Anbieter ausgliedern möchte, muss bei vielen Anbietern einige Mindestvoraussetzungen erfüllen. So wird häufig ein Mindestwert beim Durchschnittswarenkorb angegeben, auch eine Mindestzahl bei den Auslieferungen muss erreicht werden. Logisch, schließlich macht es für einen Fullservice-Anbieter wenig Sinn, Bleistifte im Wert von 30 Cent zu kommissionieren.
Welche Voraussetzungen erfüllt werden und mit welchen Kosten Sie rechnen müssen, hängt vom jeweiligen Anbieter und einer individuellen Vereinbarung ab. Nur um eine Vorstellung zu bekommen, hier exemplarisch die Anforderungen von PVS: „Der Warenkorb sollte im Schnitt über 30 Euro liegen – insbesondere, falls es zu Auslandsversand kommt. Zudem geben wir ein Mindestbestellvolumen von 7.500 Bestellungen pro Jahr vor“, erklärt Andreas Kreickmann.
Wie funktioniert Fulfillment in der Praxis?
Wie sieht die Zusammenarbeit mit einem Fullservice-Anbieter in der Praxis aus? Dies demonstrieren wir an einem Beispiel eines Anbieters, der als einer der wenigen keine Mindestanforderungen an seine Partner stellt: Amazon. Seit Anfang 2008 wird Fulfillment auch von Amazon angeboten und war anfangs lediglich auf Amazon-Marketplace-Verkäufer beschränkt. Beim Marketplace-Prinzip können Händler auf der Seite www.amazon.de ihre Waren zum Kauf anbieten. Bestellt ein Kunde ein entsprechendes Produkt, kümmert sich Amazon um die Rechnungsstellung und Bezahlung, während die Ware direkt vom Händler an den Kunden geschickt wird. Beim „Fulfillment by Amazon [FBA)“ geht man noch einen Schritt weiter.
Hier übernimmt Amazon nicht nur die Zahlungsabwicklung, sondern den kompletten logistischen Prozess. Der Händler sendet seinen Lagerbestand direkt an Amazon, wo die Artikel aufbewahrt und verwaltet werden. Sobald Bestellungen über die Website von Amazon.de eingehen, entnimmt Amazon das Produkt aus dem Bestand des Händlers, verpackt dieses und sendet die Ware an den Kunden des Händlers. Bei Fulfillment by Amazon übernimmt der Versandriese zudem den Kundenservice und betreut Käufer im Falle von Rücksendungen an die Amazon-Logistikzentren. Wird die Ware knapp, veranlassen Sie Lieferungen direkt an das Amazon-Logistikzentrum. Sie können also über Amazom Waren verkaufen, ohne ein eigenes Lager zu besitzen, ohne eine einzige Rechnung jemals selbst schreiben zu müssen und ohne auch nur ,einmal mit einem Ihrer Kunden direkt in Kontakt getreten zu sein. Auch ein eigener Onlineshop ist unnötig.
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Wie nutzt man Fulfillment by Amazon?
Wie man als Webseller FBA für sich nutzen kann, zeigt das Beispiel von René Kräupziger. Zusammen mit seiner Partnerin betreibt er seit 2005 den Shop www.101shirts.com. In Halle an der Saale bedrucken die Unternehmer Shirts, Grillschürzen und andere Textilien mit lustigen Sprüchen und verkaufen sie ohne Zwischenhändler direkt an Endkunden. Seit 2009 verkaufen die Webseller ausschließlich über Amazon – die Webadresse führt direkt zum Amazon-Shop – und nutzen dabei das FBA-Angebot. „Die Argumente für FBA erschienen uns sehr plausibel. Dabei war uns klar, dass wir Effizienzvorteile am besten durch den Verzicht auf einen Mischversand erzielen würden. Wenn Fulfillment, dann alles mit Fulfillment, lautet unsere Devise. Das heißt, wir wickeln heute neben unseren Verkäufen auch den Versand komplett über Amazon ab und das zu sehr günstigen Versandkosten“, erklärt Kräupziger die Entscheidung.
Inzwischen können sich die Unternehmer voll auf die Produktion von Shirts und die Entwicklung neuer Verkaufsschlager konzentrieren: „Früher begann der Tag mit ca. eineinhalb Stunden Rechnungs- und Lieferscheindruck, gefolgt vom Sortieren der Liefer- und Paketscheine. Dann noch das Verpacken der Waren und die Retourenbearbeitung, was zusammen rund zwei Stunden ausmacht. Somit sparen wir bis zu dreieinhalb Stunden pro Tag ein.“ Nur ein Beispiel, was Fulfillment leisten kann.
Was versteht man unter „Fulfillment-Software“?
Als Alternative zum Fullservice finden sich im Web auch Anbieter, die Webseller in Form von Fulfillment-Softwarelösungen unterstützen. Dabei sollen Webseller entlastet werden, die ihre Ware auch weiterhin in Eigenregie kommissionieren wollen. Die E-Commerce-Lösungen verstehen sich als Ergänzung zum Shop-Backoffice, das in vielen Fällen nur rudimentäre Features für den Webseller bereithält. Nehmen wir als ein Beispiel von vielen die Lösung Afterbuy (www.afterbuy.de), die vorwiegend von eBay- und Amazon-Marketplace-Verkäufern eingesetzt wird, unter die Lupe.
Kauft ein Kunde ein Produkt des Händlers, bekommt er eine automatisierte Afterbuy-E-Mail, über die er die Zahlungsabwicklung direkt vornehmen kann – dafür sind Schnittstellen zu allen gängigen E-Payment-Lösungen integriert. Wird die Zahlung bestätigt, erhält der Webseller eine entsprechende Benachrichtigung und kann die Ware für den Versand vorbereiten. Afterbuy übernimmt dafür die Kundendaten aus dem Shopsystem und druckt auf Wunsch direkt den passenden Versandschein aus. Dank Schnittstellen zu den großen Logistikdienstleistern wird ein Abholauftrag des Pakets ohne Verzögerung erteilt. Der Kunde erhält dann automatisch eine Versandmitteilung mit der Tracking-Nummer, sodass er die Lieferung jederzeit nachverfolgen kann.
Seine Vorteile spielt Afterbuy vor allem dann aus, wenn Händler über mehrere unterschiedliche Plattformen ihre Waren anbieten. Webseller können in solchen Fällen ausschließlich mit Afterbuy sämtliche Bestellungen koordinieren. Sie erfassen Ihre Produkte in der Afterbuy-Produktdatenbank, bei Bestellungen werden Ihre Bestände automatisch aktualisiert. Doppelverkäufe lassen sich so leicht vermeiden. „Afterbuy bietet uns die Möglichkeit auf vielen Plattformen unsere Produkte zu platzieren“, erklärt deshalb auch Sebastian Fiola vom Spieleversender www.skgames.de.
Was bieten Fulfillment-Logistkdienstleister?
Als dritte Säule unter den Fufillment-Anbietern findet man die Logistikdienstleister, ohne die kein Webseller auskommt. ,Schließlich kann man nur schwer sämtliche Pakete zu Fuß zu seinen Kunden bringen. Die in Deutschland führenden Anbieter sind DHL und die Hermes Logistik-Gruppe. Auf den Plätzen folgen mit einigem Abstand DPD und UPS, TNT und GLS spielen ebenfalls noch eine untergeordnete Rolle. Das Hauptgeschäft der Logistikdienstleister besteht natürlich nach wie vor darin, Waren von A nach B zu transportieren. Doch in Zeiten des boomenden E-Commerces wird von den Anbietern noch eine Menge mehr erwartet. Zum Standard gehört beispielsweise die Bereitstellung eines Tracking-Services für Händler und Kunden.
Bei jedem Bearbeitungsschritt des Logistikdienstleisters – angefangen von der Abholung bis hin zur Auslieferung – wird das Paket gescannt. Daraus lassen sich leicht jederzeit Informationen zum aktuellen Standort des Pakets auslesen und an den Kunden übermitteln. Der Transportweg und die Lieferzeit wird so für alle Parteien transparent. Die Großen der Branche bieten aber noch mehr. Zum einen erwarten die Webseller funktionierende Schnittstellen zur Versandhandelssoftware der Onlineshops. Direkt aus dem Programm heraus müssen sich Abholaufträge generieren und scannbare Paketscheine drucken lassen. Auch eine Trackingnunımer sollte auf diesem Weg sofort erstellt werden können.
Ist Fulfillment für alle Händler eine sinnvolle Option?
Dass Sie als Webseller die Hilfe von Fulfillment-Anbietem in Anspruch nehmen müssen und auch sollten; dürfte jedem Händler klar sein. Zumindest die Arbeit mit einer Fulfillment-Software und die Kooperation mit einem Logistikdienstleister ist obligatorisch. Ob Sie darüber hinaus noch alltäglich anfallende Aufgaben outsourcen wollen, liegt natürlich ganz bei Ihnen. Die Frage wird letztendlich durch die Kosten beantwortet. Allgemein gültige Zahlen wird man – FBA einmal ausgenommen – von den Anbietern nicht pauschal genannt bekommen.
Allerdings ist es üblich, dass Sie neben geringen Fixkosten pro Transaktion Gebühren zahlen müssen. Sinn kann Fullservice-Fulfillment machen, wenn Ihre Möglichkeiten in puncto Lagerplatz oder Manpower an ihre Grenzen stoßen. Voraussetzung ist aber natürlich, dass die eigene Marge die Kosten für die Dienstleistungen auch decken können und das Auftragsvolumen groß genug ist, um eine Zusammenarbeit für beide Seiten lohnenswert zu machen. Ist das der Fall, können Sie die frei werdenden zeitlichen Kapazitäten und Ihre Energie perfekt für verstärktes Onlinemarketing nutzen. Dank Fulfillment würden Sie dann auch noch rasant wachsende Transaktionszahlen nicht vor logistische Probleme stellen!