Mit einem Prüfsiegel schaffen Shopbetreiber bei ihren Kunden Vertrauen und vermitteln Transparenz. Doch welche Siegel lohnen sich wirklich? Und auf welche können Sie getrost verzichten? Wir nehmen die wichtigsten Anbieter unter die Lupe.
Es sind Fälle wie diese, die dem gesamten Online-Handel nach wie vor einen großen Schaden zuführen können. Wer vor einigen Wochen bei einer bekannten Preisvergleichsseite nach dem beliebten Smartphone Samsung Galaxy S4 fahndete, bekam als Ergebnis unter anderem einen Onlineshop angezeigt, der mit einem Preis weit unter dem zweitgünstigen Anbieter warb. So verwundert es nicht, dass viele Kunden schwach wurden und dort umgehend bestellten. Hätte man sich die Shopseite etwas genauer angeschaut, wären einem allerdings einige Ungereimtheiten aufgefallen. Zum einen bot der Händler nur die Zahlung per Vorkasse an – grundsätzlich völlig legitim, aber wenig kundenfreundlich und zudem sehr ungewöhnlich. Zum anderen jedoch offenbarte auch das Impressum einige Lücken. Eine Telefonnummer des Anbieters suchte man beispielsweise vergeblich. Erfahrene, vorsichtige Onlineshopper hätte die Summe aus extrem günstigen Preis, risikobehafteter Zahlungsweise und fehlenden Kontaktmöglichkeiten sicherlich stutzig gemacht, doch genügend Nutzer bestellten dieses „unschlagbar günstige“ Produkte trotzdem. Tatsächlich hatten manche das Glück und bekamen die bezahlte Ware, andere wiederum warteten vergeblich und wurden vom Anbieter immer wieder vertröstet.
Der „Trusted Shops-Effekt“
Aufgrund solcher Fälle sind viele Kunden nach wie vor sehr vorsichtig, wenn es um das Bestellen bei Onlineshops geht, mit denen sie noch keine Erfahrungen gemacht haben. Umso wichtiger ist deshalb für Webseller, alles dafür zu tun, dass Neukunden nicht im letzten Moment der Kaufabwicklung abbrechen, sondern der Seriosität des Shops vertrauen. Eines der wichtigsten Werkzeuge, um die Voraussetzungen für das nötige Vertrauen aufzubauen, sind unabhängige Prüfsiegel, die den Kunden diese Sicherheit vermitteln. Auch faktisch lässt sich der Effekt von Prüfsiegeln bei Onlineshops nachweisen. So ergab eine Studie von TNS Infratest, dass drei Viertel der Internetnutzer Siegel als „wichtig“ oder „sehr wichtig“ ansehen. Diese Wertschätzung schlägt sich auch in den Umsatzzahlen nieder. Die Konversionsrate steigt bei Shops nach erfolgter Zertifizierung durch ein Gütesiegel spürbar. Trusted Shops beispielsweise wirbt bei Onlinehändlern mit dem „Trusted Shops-Effekt“, der eine Konversionssteigerung von 0,5 Prozent entsprechen soll. Tatsächlich lassen sich sogar bei vielen Shops noch höhere Zuwächse erzielen. Neben der Steigerung der Konversionsrate und der daraus resultierenden Umsatzsteigerung verschiebt sich auch die Nutzung der angebotenen Zahlungslösungen. Die für den Händler günstige Vorkasse wird verstärkt genutzt. Auch dies ist ein nicht zu unterschätzender Baustein, der für die Zertifizierung eines Shops spricht.
Tester im Test
Dass Prüfsiegel nicht nur für Kunden, sondern auch für Händler attraktiv sind, dürfte also außer Frage stehen. Bleibt nur die Frage: Für welches Siegel entscheidet man sich? Angeboten werden jede Menge Prüfsiegel, die mal mehr, mal weniger bekannt sind. Für einen Webseller gilt es also, herauszufinden, welches Siegel für ihn wirklich Sinn macht und welches man links liegenlassen sollte. Schließlich verursacht jedes Siegel Kosten. Zum anderen kann man seinem Shop mit einem fragwürdigen Siegel sogar schaden! Bei der Auswahl eines geeigneten Zertifizierungspartners hilft die Initiative D21. Diese versteht sich als „Europas größte Partnerschaft zwischen Politik und Wirtschaft“. Der gemeinnützige Verein hat es sich unter anderem zum Ziel gesetzt, die Nutzung digitaler Anwendungen in Deutschland voranzutreiben. Eine der Aufgaben sieht die Initiative darin, das Vertrauen der Nutzer in die Angebote der digitalen Welt zu erhöhen. Eine wichtige Rolle spielen dabei im Online-Handel eben jene Prüfsiegel. Aber eben nur die, die tatsächlich einen Nutzen für den Kunden haben. Und so hat die Initiative Qualitätskriterien festgelegt, die ein Gütesiegelanbieter erfüllen sollte, um von ihnen empfohlen zu werden. Viele der Anbieter konnten strenge Kriterien nicht erfüllen, weswegen letztlich nur vier Gütesiegel von der Initiative D21 offiziell empfohlen werden.
Vier sind empfehlenswert
Empfohlen werden von der Initiative D21 insgesamt vier Anbieter. Zum einen ist da das Kölner Unternehmen Trusted Shops zu nennen. Rund 17.000 Onlineshops tragen bereits das goldene Logo mit der „Trusted Shops Guarantee“. Ebenfalls bekannt – jedoch mit 550 angeschlossenen Shops deutlich weniger verbreitet – ist das Siegel EHI – Geprüfter Online-Shop, ein exklusiver Partner des bvh Bundesverband des Deutschen Versandhandels. Das EHI-Label ist vor allem bei den großen der Branche präsent. 27 Prozent der Top-1.000-Onlineshops tragen dieses Gütesiegel. Dabei ist jeder zweite der Top-10-Händler mit dem Siegel ausgezeichnet. Die Nummer drei im Bund ist das „Safer Shopping“-Siegel des TÜV. Der Technische Überwachungsverein Süd kümmert sich nicht nur um Autos, sondern auch um die Sicherheit bei Produkten und eben auch die Sicherheit im Internet. Bei Shopbetreibern ist die Prüfung vor allem aus einem Grund attraktiv: Das Logo des TÜV ist wahrscheinlich fast jedem Deutschen bekannt und hat dementsprechend eine hohe Kundenakzeptanz. Bislang haben rund 300 Onlineshops die TÜV-Zertifizierung erfolgreich durchlaufen. Als vierter Anbieter hat sich auch das Siegel von „ips – Internet Privacy Standards“, das von www.datenschutz-cert.de vergeben wird, einen Namen gemacht. Anders als die anderen richtet sich das ips-Siegel nicht nur an Shops, sondern an alle Websites.
Regelmäßige Prüfungen
Die Zertifizierung läuft bei allen Anbietern ähnlich ab. Onlineshops werden nach einem festgelegten Kriterienkatalog durchleuchtet. Dabei stellen die Anbieter in der Regel schon im Vorfeld Checklisten zur Verfügung, anhand derer man seinen Shop schon vor der Prüfung vorbereiten kann. Viele Shopsoftwarelösungen sind zudem von den Gütesiegelanbietern „vorzertifiziert“, womit Onlinehändler meist ohne großen Arbeitsaufwand eine endgültige Zertifizierung erreichen können. Aber auch bei diesen vorzertifizierten Shopsystemen gilt: Erst wenn alle Kriterien erfüllt sind, wird das Prüfsiegel verliehen. Anschließend zahlt der Webseller monatlich für die Nutzung des Siegels. In regelmäßigen Abständen wird zudem überprüft, ob der Shop nach wie vor die gestellten Kriterien erfüllt. Genau diese einmalige aufwändige Prüfung sowie die regelmäßigen Nachprüfungen sind die Elemente, die die Siegel der vier empfohlenen Anbieter von den anderen unterscheiden. Einen Button „geprüfter Online-Shop“ kann schließlich theoretisch jeder selbst designen und auf seine Shopseite setzen. Wer dabei was geprüft haben will, ist für den Kunden gar nicht ersichtlich. Viele weitere vermeintlich aussagekräftige Prüfsiegel haben deshalb für den Käufer keinerlei Nutzen – so hat etwa fast jede Preisvergleichsseite einen eigenen „Geprüft“-Button. Zudem ist auch das Internetsiegel, das nach eigenen Angaben 1.200 Shops tragen, mit Vorsicht zu genießen und nicht empfehlenswert. Dabei gilt allerdings wie auch bei den vielen Siegeln der Preisvergleichsseiten nicht, dass es sich um unseriöse Buttons handelt, sondern dass sie für den Kunden im Grunde nutzlos sind – und für den Händler somit letztendlich auch.